Rz. 35
Die Zuwendung muss vom Erblasser herrühren und dessen Vermögen geschmälert haben. Bei gesetzlicher Erbfolge ist im Hinblick auf die Ausgleichungspflicht in jedem der beiden Sterbefälle nur relevant, aus wessen Vermögen die Zuwendung vorgenommen wurde; verfügen die Ehegatten aus Miteigentum/Mitinhaberschaft, so richtet sich der Zuwendungsanteil des Erblassers nach der Quote der Mitberechtigung. Diese dogmatisch vorgegebene Abgrenzung bringt praktisch befremdliche Ergebnisse: Führten die Ehegatten ein gemeinschaftliches Konto, von dem sie bspw. laufende Zuschüsse zahlten, so ist im Zweifel jedem Ehegatten ½ der Zuwendung zuzurechnen und diese in jedem der beiden Sterbefälle auszugleichen; wurden getrennte Konten geführt, findet nur einmalige Ausgleichung des vollen Betrages statt. Erhält die Tochter also von der Hausfrau und Mutter Zuschüsse, können diese aufgrund der Einkommens- und Vermögensverhältnisse übermäßig sein, während identisch hohe Zuschüsse des alleinverdienenden Vaters an den Sohn mangels Übermaßes der Ausgleichspflicht nicht unterfielen. Dieckmann regt in diesem Zusammenhang an, man solle "die Familie als Ganzes betrachten", wobei unklar bleibt, ob dies je hälftige Zuwendung von Vater und Mutter zu bedeuten hat; ein Ergebnis, das zwar praktikabel wäre, nach geltendem Ehegüterrecht dogmatisch nicht begründbar sein dürfte, § 2054 Abs. 1 S. 1 BGB ist als singuläres Recht nicht analogiefähig. Für die Belange des Kautelarwesens finden sich Formulierungsvorschläge bei Mohr. Grundfall bei Übertragung aus Miteigentum der Eltern: "Die heutige Zuwendung ist auch dann in voller Höhe auszugleichen, wenn der zuerst versterbende Übergeber vom Überlebenden allein beerbt werden sollte. In diesem Fall erfolgt die Ausgleichung nach dem Ableben des Überlebenden. Die Zuwendung gilt i.S.d. § 2052 BGB als von ihm allein erfolgt." Bei Alleineigentum eines Elternteils: "Die heutige Zuwendung ist auch dann in voller Höhe auszugleichen, wenn der heutige Übergeber von seinem Ehegatten allein beerbt werden sollte".
Rz. 36
Anders ist die Rechtslage, wenn die Ehegatten durch Berliner Testament (§ 2269 BGB) oder entsprechenden Erbvertrag (§ 2280 BGB) verbunden sind und die Abkömmlinge nach gesetzlicher Quote erben. In diesem Fall wird bei Eintritt des Schlusserbfalls auch der vorverstorbene Ehegatte als Erblasser i.S.d. Ausgleichsvorschriften angesehen mit der Folge, dass ausgleichungspflichtige Zuwendungen aus dem Vermögen allein des Vorverstorbenen als solche des Überlebenden fingiert werden – "erweiterter Erblasserbegriff". Dies gilt allerdings nur i.R.d. Ausgleichsvorschriften, nicht bei § 2327 BGB. Variante: Ein Abkömmling hat nach dem Erstversterbenden Pflichtteil unter Berücksichtigung von § 2316 Abs. 1 BGB verlangt und erhalten. In dieser Situation ist die Figur des erweiterten Erblasserbegriffs nicht anwendbar, vielmehr wird die Zuwendung des Erstversterbenden in diesem Sterbefall, diejenige des Überlebenden im Schlusserbfall auszugleichen sein.
Rz. 37
Für den Sonderfall einer Zuwendung aus Gesamtgut der Ehegatten vgl. die Anm. zu § 2054 BGB.