Rz. 11
Ob und in welchem Umfang die Zuwendung ausgleichspflichtig sein soll, kann der Erblasser in allen vier Varianten durch Anordnung regeln und gestalten.
Rz. 12
Bei Ausstattungen und den Übermaßzuwendungen (Abs. 1 u. 2), die kraft Gesetzes ausgleichspflichtig sind, kann der Erblasser die Ausgleichspflicht durch einseitige Anordnung ganz oder teilweise ausschließen, sich vorbehalten, unter Bedingungen stellen, oder Wertansätze bestimmen, die unter den tatsächlichen liegen. Die Ausgleichspflicht hinsichtlich der sonstigen Zuwendungen (Abs. 3) setzt voraus, dass sie ausdrücklich angeordnet wurde. Die Anordnung kann sich, im Voraus erklärt, auch auf künftige Zuwendungen beziehen. Der Erblasser kann sich die Ausübung der Anordnungserklärung auch vorbehalten oder den Eintritt der Anordnungswirkungen bzw. deren Wegfall mit einer Bedingung versehen. Soll die Ausgleichspflicht mit einer Zuzahlung verbunden werden, bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen Erblasser und Zuwendungsempfänger. Dies bietet sich an, wenn der Erblasser absieht, der künftige Nachlass werde zur Ausgleichung nicht ausreichen. Eine einseitige Anordnung dahin, dass entgegen § 2056 BGB ein Mehrempfang in die Masse zurückzugeben oder zu zahlen sei, kann der Erblasser nicht wirksam treffen.
Rz. 13
Die Erklärung muss dem Abkömmling spätestens mit der Zuwendung zur Kenntnis kommen; er soll hierdurch in den Stand gesetzt werden, sie abzulehnen. Konkludente Anordnung ist ebenso möglich; sie kommt etwa dann in Betracht, wenn der Erblasser sein Vermögen gezielt unter alle Abkömmlinge verteilt hat. Ob die Formulierung anlässlich einer Grundstücksübertragung, dies geschehe in Vorwegnahme künftiger Erbfolge, auf Ausgleichspflicht schließen lässt, ist str., dürfte aber im Hinblick auf die übliche Tendenz einer solchen Anordnung, nämlich gerechte Verteilung, zu bejahen sein.
Rz. 14
Der minderjährige Erklärungsempfänger bedarf mangels rechtlichen Nachteils nach ganz überwiegender h.M. nicht der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Sie muss diesem aber zugehen; im Fall des § 181 BGB – Erblasser ist gleichzeitig gesetzlicher Vertreter – ist ein Pfleger zu bestellen.
Rz. 15
Form: Die Rechtslage ist unklar. Die Anordnung soll grundsätzlich formlos möglich sein. Teils wird indessen Formbedürftigkeit behauptet für den Fall, dass die Zuwendungstransaktion ihrerseits einem Formzwang unterliegt. Da die Anordnung Rechtswirkungen erzeugt, dürfte sie als Teil des schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäfts "ausgleichungspflichtige Zuwendung" jedenfalls i.R.d. § 311b Abs. 1 u. 3 BGB für formbedürftig anzusehen sein. Eindeutige Rspr. fehlt; die Entscheidungen OLG München ZEV 2008, 344 und sodann BGH ZEV 2010, 33 betreffen die Frage, ob sich Erblasser und Zuwendungsempfänger formfrei auf eine Anrechnung auf den Pflichtteil einigen konnten. Sicherheitshalber sind im Zweifel die Formen zu wahren. Da Vollzug des Rechtsgeschäfts jedenfalls bei der Schenkung heilt, wird die Frage nach der Form indessen regelmäßig nur dann aufgeworfen, wenn der Erblasser vor Vollzug stirbt.
Rz. 16
Nachträgliche Anordnung durch einseitige Erklärung des Erblassers unter Lebenden ist ausgeschlossen. Dem Erblasser bleibt einerseits die Möglichkeit erhalten, durch Testament die Anordnungswirkungen im Ergebnis herzustellen mittels Vorausvermächtnisses zugunsten der übrigen Miterben; der Zuwendungsempfänger muss in einem solchen Fall prüfen, ob nicht auszuschlagen ist, um den Pflichtteil zu retten. Nachträgliche Anordnung durch Rechtsgeschäft mit dem Begünstigten unter Lebenden ist ebenfalls möglich, allerdings nicht mit erbrechtlich-dinglicher Wirkung, sondern nur obligatorisch im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter, der übrigen Miterben und ohne pflichtteilsrelevante Auswirkungen. Ein solcher Vertrag betrifft das Erbrecht und ist daher gem. § 2348 BGB beurkundungspflichtig. Ein Formulierungsvorschlag findet sich bei Fröschlin für einen Vertrag unter Lebenden:
Formulierungsbeispiel
Alle Beteiligten sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieses Vertrages alle bisherigen unentgeltlichen Zuwendungen der Ehegatten XY an ihre Kinder A, B und C ausgeglichen sind. Die Kinder A, B und C verzichten hiermit gegenseitig hinsichtlich aller bisherigen unentgeltlichen Zuwendungen ihrer Eltern XY oder auch nur eines Elternteils auf jedwede Ausgleichung im Erbfall und auf einen etwaigen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB und nehmen den Verzicht gegenseitig an. Der Verzicht wird auch von den Eltern angenommen.
Rz. 17
Nachträgliche Beseitigung der Anordnung ist nur durch Testament möglich – Vorausvermächtnis (Formulierung etwa: "Zugunsten des Abkömmlings A belaste ich die übrigen Abkömmlinge B und C mit dem Vorausvermächtnis, dass der dem A mit Ausgleichungsverpflichtung zugewandte Vermögensgegenstand X bei einer Ausgleichung gem. §§ 2050 ff. BGB nicht berücksichtigt werden darf.") – oder durch Er...