I. Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift setzt voraus, dass ein vorrangiger Abkömmling (§ 1924 Abs. 2 BGB) "vor oder nach dem Erbfalle" weggefallen ist, also bei Tod vor dem Erbfall (§ 1924 Abs. 2 BGB), bei Enterbung (§ 1938 BGB), es sei denn, die Verfügung ergäbe, der gesamte Stamm solle enterbt sein, bei Ausschlagung (§ 1953 BGB), Erbunwürdigkeit (§ 2344 BGB) oder Erbverzicht (§ 2346 BGB). In diesem Zusammenhang ist jedoch § 2349 BGB zu beachten, wonach sich die Wirkungen des Verzichtes auch auf Abkömmlinge erstrecken, soweit der Erbverzichtsvertrag nicht ein anderes bestimmt. Bei Tod nach dem Erbfall greift § 2051 BGB nicht (vgl. Rdn 7).
Rz. 3
Bei Zuwendungen durch Testament an einen Abkömmling in seiner Eigenschaft als beurkundender Notar, Dolmetscher, Vertrauensperson, Testamentsvollstrecker, Bürgermeister oder Zeuge bei einem Nottestament (§§ 7, 16 Abs. 3 S. 2, 24 Abs. 2, 27 BeurkG; §§ 2249 und 2250 BGB) rankt sich ein terminologischer Streit um die Frage, ob hier von "relativer Erbunfähigkeit" gesprochen werden kann. Ein solcher Sachverhalt macht die Einsetzung unwirksam und es soll "ein gesetzlich vorgesehener Wegfall des Miterben" vorliegen. Die Situation scheint von wenig praktischer Relevanz, indessen ist folgender Aspekt theoretisch überprüfungsbedürftig: wenn der Notar usw. Abkömmling ist und die Einsetzung insoweit (und nur insoweit, vgl. § 2085 BGB) unwirksam, als sie darauf zielt, ihm einen Vorteil zu verschaffen, gilt subsidiär gesetzliche Erbfolge. Da § 2051 BGB ohnehin nur greift, wenn die letztwillige Verfügung Quoten gem. § 2052 BGB zugunsten der Abkömmlinge enthält, ergibt sich folgende Konstellation als Beispiel:
Beispiel
Vater des Notars verfügt zu dessen Urkunde dahin, es sollten die Ehefrau zu ½ und drei Abkömmlinge zu je 1/6 erben. Die Einsetzung des Notars ist unwirksam. Damit ist ein Erbteil von 1/6 nicht besetzt. Wenn in diesen sämtliche gesetzlichen Erben einrücken, erhöht sich der Erbteil der Ehefrau um 1/12, derjenige der beiden anderen Abkömmlinge um 1/36 und der Notar erhält einen gesetzlichen Erbteil von 1/36. Die Annahme, auf diese Situation sei § 2051 BGB anwendbar, setzt voraus, dass der Abkömmling auch die gesetzliche Erbenstellung verliert, was auf eine Enterbung kraft Beurkundungsgesetzes oder eine Unterart von Erbunwürdigkeit hinausliefe. Eine solche Folgerung dürfte kaum gezogen werden können. Der Pflichtteil bliebe dem Notar jedoch selbst unter dieser Annahme gem. § 2305 BGB erhalten.
Rz. 4
Bei Zuwendungen durch Testament an den Abkömmling in seiner Eigenschaft als Träger oder Beschäftigter i.S.d. der (Landes-)Heimgesetze, die das jeweils zulässige Entgelt übersteigen, gilt: Dem Träger und den Beschäftigten ist es regelmäßig untersagt, sich derartige Leistungen gewähren oder versprechen zu lassen (vgl. zu § 1923 Rdn 10 ff.). Eine entsprechende Verfügung ist nichtig gem. § 134 BGB. Ob dieser Umstand den Eintritt gesetzlicher Erbfolge hindert, ist ebenso zweifelhaft wie in der soeben besprochenen Fallgruppe.
Rz. 5
Es ist unerheblich, ob der eintretende Abkömmling Erbe des weggefallenen ist. Der eintretende Abkömmling muss auch nicht Abkömmling des weggefallenen sein.
Beispiel
Eines von drei Kindern des Erblassers ist kinderlos verstorben. Die auf seinem Erbteil lastende Ausgleichungspflicht geht dann nach Anwachsungsgrundsätzen mit der Erhöhung (§ 1935 BGB – besonderer Erbteil) auf die Geschwister über und deren eigener Erbteil bleibt insoweit unbelastet.
Rz. 6
Die Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn der entferntere Abkömmling durch Verfügung von Todes wegen unmittelbar eingesetzt ist, der ausgleichungspflichtige Abkömmling also übergangen wurde. Eine Ausgleichungspflicht für Zuwendungen des Erblassers an diesen kann ihn dann nur treffen, wenn dies vom Erblasser letztwillig angeordnet wurde.
Rz. 7
Stirbt der Abkömmling nach dem Erbfall, geht die Ausgleichungspflicht auf seine Erben über, unabhängig davon, ob sie ihrerseits Abkömmlinge sind.
II. Ausgleichungspflicht des Ersatzerben
Rz. 8
Die Voraussetzungen der Ersatzerbfolge ergeben sich aus § 2096 BGB. Zur Anwendung des § 2051 Abs. 2 BGB ist demnach letztwillige Verfügung erforderlich, wonach mit dem Wegfall eines Abkömmlings ein Dritter Ersatzerbe werden soll. Ferner muss § 2052 BGB erfüllt sein, da ansonsten die Ausgleichungspflicht bei gewillkürter Erbfolge von vornherein nicht entstünde. Ist der Ersatzerbe selbst Abkömmling des Erblassers, greift – wegen der Verweisung in § 2052 BGB – schon Abs. 1. Ist der Ersatzerbe nicht Abkömmling, so würde ihn grundsätzlich keine Ausgleichungspflicht treffen. Die Miterben wären dadurch schlechter gestellt, als wenn der Ersatzerbfall nicht eingetreten wäre. Das Gesetz stellt daher die Vermutung auf, dass der Ersatzerbe nicht mehr erhalten soll, als der weggefallene Abkömmli...