Gesetzestext
(1)Eine Zuwendung, die ein entfernterer Abkömmling vor dem Wegfall des ihn von der Erbfolge ausschließenden näheren Abkömmlings oder ein an die Stelle eines Abkömmlings als Ersatzerbe tretender Abkömmling von dem Erblasser erhalten hat, ist nicht zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn, dass der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
(2)Das Gleiche gilt, wenn ein Abkömmling, bevor er die rechtliche Stellung eines solchen erlangt hatte, eine Zuwendung von dem Erblasser erhalten hat.
A. Normzweck
Rz. 1
Die Vorschrift engt die gesetzliche Vermutung ein, der Erblasser wolle Abkömmlinge nach den Grundsätzen der Stammeserbfolge (vgl. § 2050 Rdn 1) gleichmäßig bedenken. Diese Vermutung gilt kraft gesetzlicher Anordnung nicht für Abkömmlinge, die aus Sicht des Erblassers zum Zeitpunkt der Zuwendung noch nicht als gesetzliche Erben in Betracht kamen, da nähere Abkömmlinge vorgingen oder der Begünstigte noch nicht Abkömmling war (begründet wird dies in der Lehre mit dem Argument, es sei unwahrscheinlich, dass der Erblasser "viel später sich entwickelnde Möglichkeiten" berücksichtige, wer einmal sein unmittelbarer gesetzlicher Erbe werde).
B. Tatbestand
Rz. 2
Direkte Anwendung findet die Vorschrift auf Zuwendungen an einen Abkömmling, die er vor dem Wegfall eines ihn ausschließenden Abkömmlings (§ 1924 Abs. 2 BGB) vom Erblasser erhalten hat – Abs. 1 Hs. 1 –, oder auf Zuwendungen, die der als Ersatzerbe eingesetzte Abkömmling erhielt, bevor der vorrangig berufene Abkömmling weggefallen ist – Abs. 1 Hs. 2. Die Voraussetzungen des Wegfalls entsprechen denen des § 2051 BGB. Für Zuwendungen nach dem Wegfall des Vormannes greift § 2050 BGB direkt. Namentlich sind die Fälle hervorzuheben, in denen der Erblasser den Vormann zum Zeitpunkt der Zuwendung bereits enterbt hatte. Zuwendungen an den Vormann hat der Nachrückende kraft des § 2051 BGB auszugleichen, so dass im Einzelfall solche Zuwendungen neben denjenigen gem. § 2053 BGB zu berücksichtigen sind; für Zuwendungen an einen Abkömmling, der zum Zeitpunkt der Zuwendung noch nicht Abkömmling war gilt Abs. 2. Dies betrifft nach dem 1.7.1998 (Inkrafttreten des KindRG, mit dem Legitimation u. Ehelicherklärung abgeschafft wurden) nur noch die Fälle der Adoption. Analoge Anwendung wird diskutiert in Irrtumsfällen. Glaubte der Erblasser bei der Zuwendung irrig an die Existenz eines Vormannes, so soll – wegen der Maßgeblichkeit der subjektiven Lage – die Zuwendung an den Nachrücker nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 2053 BGB ausgleichungspflichtig sein, hielt der Erblasser den Vormann irrig für weggefallen und den Nachrücker damit für einen der nächsten Abkömmlinge, hingegen § 2050 BGB greifen. Nicht diskutiert werden die Fälle, in denen der Erblasser sich im Irrtum über die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Wegfalls, etwa die Wirksamkeit einer Enterbung, einer Erbunwürdigkeit oder eines Erbverzichts, befand. Rspr. hierzu fehlt.
C. Rechtsfolge
Rz. 3
Eine Zuwendung ist in diesen Fällen nicht ausgleichungspflichtig, es sei denn, der Erblasser hätte es ausdrücklich angeordnet. Zu den Voraussetzungen der Anordnung vgl. § 2050 Rdn 8–15. Nachträgliche Anordnung ist auch in diesem Fall nicht möglich.
D. Sonderfall: Vormann ist noch nicht weggefallen
Rz. 4
Die Anordnung geht ins Leere, wenn der Vormann zum Zeitpunkt des Erbfalls noch lebt. Zuwendungen des Erblassers an den entfernteren Abkömmling/Ersatzerben hat der Vormann trotz der – gegenstandslosen – Anordnung gegenüber dem Nachrücker nur auszugleichen, wenn dies ihm gegenüber durch Verfügung von Todes wegen ausdrücklich auferlegt wurde; die ansonsten formlos mögliche Anordnung genügt hierzu nicht.