Rz. 2

Schritt 1: Bewertung der faktisch vorhandenen Teilungsmasse, also des Überschusses i.S.d. § 2047 Abs. 1 BGB. Hierbei kommt es nur auf den Geldeswert an; eine Unterscheidung zwischen Geld, Sachen und sonstigen Gegenständen ist nicht veranlasst.[7] Die Wertbestimmung erfolgt nach BGH auf den Stichtag des Erbfalls.[8] Demgegenüber halten zahlreiche und beachtliche Literaturstimmen den Zeitpunkt der Auseinandersetzung, also der Erbteilung, für maßgeblich.[9]

 

Rz. 3

Schritt 2: Ermittlung der Anteile der Ausgleichsbeteiligten an dieser Teilungsmasse, konkret: Ermittlung ihrer Quoten und Bezifferung des Geldbetrages, der sich als Anteil aller Ausgleichsbeteiligten an der Teilmasse ergibt. Der Erbteil des Miterben, der an dem Ausgleich nicht beteiligt ist, wird vorweg von der Teilungsmasse in der betreffenden Quote abgezogen.[10]

 

Beispiel

Teilungsmasse 100.000. Verheiratung des Erblassers im gesetzlichen Güterstand; zwei Abkömmlinge. Auf die Ehefrau entfällt ½ mit 50.000. Den Ausgleichsregeln unterliegen 2 × ¼ aus 100.000 entsprechend den restlichen 50.000.

 

Rz. 4

Schritt 3: Ermittlung des Wertes der Zuwendung zum Stichtag der Zuwendung, Abs. 2. Dies ist zunächst der Zeitpunkt des Rechtsübergangs.[11] Fehlt es an einer Wertbestimmung des Erblassers – die er durch Anordnung treffen kann[12] –, so gilt der objektive Verkehrswert.[13] Ob der Begünstigte Früchte (Nutzungen, Zinsen) gezogen hat, ob der Gegenstand zum Stichtag noch existierte, ob er eine Wertsteigerung oder -minderung erfuhr, ist unerheblich.[14] Der Wert etwaiger Gegenleistungen (namentlich Nießbrauch, Wohnrecht, Pflegeverpflichtung bei Grundstücksübertragungen) ist zu kapitalisieren und abzuziehen. In diesem Zusammenhang wird stets zu prüfen sein, ob derartige Rechte nicht die Annahme einer ausgleichungspflichtigen Zuwendung, namentlich einer Ausstattung, hindern (vgl. § 2050 Rdn 19 a.E.).

 

Rz. 5

Schritt 4: Der so ermittelte Wert ist auf den Stichtag des Erbfalls zu indexieren.[15] Maßgeblich ist der Index für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte ("Verbraucherpreisindex"; Basisjahr seit 1.1.2019: 2015 = 100).[16] Die Berechnung erfolgt nach der Formel: Wert zum Stichtag x Index neu : Index alt (soll die Steigerung als Prozentquote ermittelt werden: Index neu : Index alt × 100 – 100). Hat der Erblasser eine Wertbestimmung kraft Anordnung getroffen, ist davon auszugehen, dass er den nicht indexierten Nominalbetrag angerechnet wissen wollte.[17] Im Zweifel muss die Auslegung ergeben, ob die Geldentwertung nach seiner Vorstellung zu berücksichtigen war.[18]

 

Rz. 6

Schritt 5: Hinzurechnung aller auszugleichenden Zuwendungen zum Wert der Teilungsmasse, zum Ergebnis des Rechenschrittes 2; vgl. § 2055 Abs. 1 S. 2 BGB. Damit ist die Nachlassmasse fingiert, die sich zur Aufteilung unter den Abkömmlingen ergäbe, wenn die zugewandten Gegenstände noch vorhanden wären.

 

Rz. 7

Schritt 6: Ermittlung des – betragsmäßigen – Anteils der einzelnen Abkömmlinge am Ergebnis des Rechenschrittes (5). Dies stellt den "Erbteil" dar, auf den die Zuwendung i.S.d. § 2055 Abs. 1 S. 1 BGB anzurechnen ist.

 

Rz. 8

Schritt 7: Verrechnung des Wertes der ausgleichungspflichtigen Zuwendung mit dem "Erbteil" des jeweiligen Empfängers. Das Ergebnis dieses Berechnungsschrittes ergibt wertmäßig dasjenige, was dem betreffenden Abkömmling von der Teilungsmasse zusteht.

 

Beispiel: Berechnungsschritte 5 bis 7

Abkömmlinge A, B und C
den Ausgleichsregeln unterfallende Teilungsmasse: 50.000
indexierter Wert der Zuwendung an A: 25.000
indexierter Wert einer Zuwendung an B: 15.000
keine Zuwendung an C
fiktive Teilungsmasse 50.000 + 25.000 + 15.000 = 90.000 (Ausgleichungserbteil)
hiervon je ⅓ Anteil von A, B und C: 30.000
Anteil A an Teilungsmasse: 30.000 – 25.000 = 5.000
Anteil B an Teilungsmasse: 30.000 – 15.000 = 15.000
Anteil C an Teilungsmasse: 30.000

(Kontrolle: 5.000 + 15.000 + 30.000 = 50.000 = Teilungsmasse)

 

Rz. 9

Bei Erhöhung oder Anwachsung eines Erbteils – der nach §§ 1935, 2095 BGB als besonderer gilt – sowie im Fall des § 1927 BGB, schließlich bei Ersatzerbschaft neben einer originären Miterbenstellung ist die Berechnung für jeden Erbteil gesondert auszuführen.[19]

[7] Soergel/Wolf, § 2055 Rn 1.
[8] BGHZ 96, 174, 180 f. = NJW 1986, 931, 932; auch Meincke, AcP 178, 45, 59.
[9] MüKo/Ann, § 2055 Rn 12 m.w.N.; Staudinger/Löhnig, § 2055 Rn 1, auch Rn 8 f.; Krug, ZEV 2000, 41.
[10] Staudinger/Löhnig, § 2055 Rn 4.
[11] Soergel/Wolf, § 2055 Rn 1, unmittelbarer Rechtserwerb durch Verfügungsgeschäft, bei Grundstücksrechten durch Eintragungszeitpunkt; so auch BGH NJW 1975, 1831 zu § 2325 BGB.
[12] OLG Hamm MDR 1966, 330.
[13] Im Zweifel durch Sachverständigen zu ermitteln: Soergel/Wolf, § 2055 Rn 5.
[14] Soergel/Wolf, § 2055 Rn 3, Lange/Kuchinke, § 15 III 4b; MüKo/Ann, § 2055 Rn 13.
[15] BGHZ 65, 75, 77 = NJW 1975, 1831, 1832; BGH NJW-RR 1989, 259, 260; erläuternd und plastisch Staudinger/Löhnig, § 2055 Rn 8, Wertbestimmung des Gegenstandes mit dem Geldbetrag, "der im Zeitpunkt der Auseinande...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?