Rz. 11
Für diesen Fall ordnet § 2056 BGB – klarstellend – an, dass A zur Herausgabe eines Mehrempfangs nicht verpflichtet ist.
Rz. 12
Exkursorisch zu den sonstigen Folgen: Die nominelle Erbquote wird nicht berührt. Der Betreffende behält – jedenfalls bis zum Vollzug der Auseinandersetzung – seine Miterbenstellung nebst Stimmrecht und Haftung für Nachlassverbindlichkeiten. Im Innenverhältnis der Miterben kann er jedoch Freistellung von der Inanspruchnahme durch Nachlassgläubiger verlangen. Nach der Auseinandersetzung soll bei einem Miterben, der i.R.d. Teilung nichts mehr erhalten hat, eine Haftungsbeschränkung eintreten können und die Vollstreckung ausgeschlossen sein.
Rz. 13
Ausnahme: Soweit die ausgleichungspflichtige Zuwendung § 2287 BGB unterfällt, bleibt der Empfänger trotz § 2056 BGB zur Erstattung verpflichtet, indessen nur soweit, wie die Erberwartung des Miterben durch die Zuwendung des Erblassers beeinträchtigt wurde. Da der Anspruch aus § 2287 BGB in derartigen Konstellationen nicht auf Herausgabe, sondern auf Wertersatz gehen soll, ist die Abrechnung in folgenden Stufen zu vollziehen:
Beispiel
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Abkömmlinge A und B |
▪ |
Vater = Erblasser durch Berliner Testament gebunden |
▪ |
Übertragung an A nach Tod der Mutter (sowohl § 2287 BGB als auch § 2050 Abs. 3 BGB unterfallend): indexierter Wert 500.000 |
▪ |
Wert des Restnachlasses zum Sterbetag: 300.000 |
▪ |
Teilungsmasse einschließlich des Bereicherungsanspruchs also: 800.000 |
▪ |
hieraus Anteile von A und B je ½ mit 400.000 |
Rz. 14
Die Konkurrenz zwischen dem Bereicherungsanspruch, den A mit 500.000 zur Masse zu erfüllen hätte, und dem Ausgleichungsverfahren will der BGH offenbar durch eine abkürzende Saldierung lösen: es könne "ein begründeter Anspruch aus § 2287 BGB nicht höher sein als die durch die Schenkung herbeigeführte Beeinträchtigung des Schlusserben". Per saldo dieser Positionen ergibt sich:
Beispiel
▪ |
Anteil B: 400.000 |
▪ |
Wert des Restnachlasses: 300.000 |
▪ |
Noch offener Bereicherungsanspruch gegen A, wenn B vorab den gesamten Restnachlass enthält: 100.000 |
Rz. 15
Der Anspruch des B gegen A geht also auf Zuordnung des gesamten Restnachlasses an B ("Wenn der gesamte Restnachlass nicht ’mehr‘ enthält als der Bekl. aufgrund des Vertrages vom … schon hat, fällt das gesamte Restvermögen des Erblassers sogar vollständig an den Kl.") und Zahlung von 100.000. Beim Zusammentreffen des Anspruchs aus §§ 818 ff., 2287 Abs. 1 BGB, Rechtsfolgenverweisung, mit Ausgleichsansprüchen scheiden etwa noch mögliche Herausgabeansprüche aus und werden durch die oben dargestellte Saldierung ersetzt.
Rz. 16
Problemfall: § 2325 BGB. Hatte die ausgleichungspflichtige Zuwendung reinen Schenkungscharakter – aber auch nur dann, so kommen Pflichtteilsergänzungsansprüche in Betracht. Eine Beschränkung des Anspruchs gem. § 2056 BGB erfolgt sodann nicht. Zu rechnen ist nach Maßgabe des folgenden Schemas:
Beispiel
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Abkömmlinge A bis H (8 Beteiligte) |
▪ |
Restnachlass: 0 |
▪ |
Hofübergabe an A (= Schenkung): 200.000 |
▪ |
Gleichstellungsgelder an B bis F (als Ausstattung anerkannt): 5 × 15.000 = 75.000 |
▪ |
pflichtteils- und ausgleichungsrelevanter Nachlass (wörtlich: zur Ermittlung der Pflichtteilsergänzung ist "von einem unter Einrechnung sowohl der Schenkung als auch der Ausstattungsbeträge rechnerisch gebildeten Nachlass i.H.v. … auszugehen", siehe BGH NJW 1965, 1526, 1527 a.E.): Schenkungsanteil zugunsten von A: 200.000 ./. 75.000 Gleichstellungsgelder = 125.000 |
▪ |
Ausstattungen (§ 2316 BGB): 75.000 |
▪ |
zusammen 200.000 |
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hieraus Erbteil je ⅛: 25.000 |
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hierauf bei B bis F anzurechnen je 15.000 Vorempfang |
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ergibt ungedeckt 10.000 |
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hieraus Pflichtteilsquote ½ = Anspruch gegen A: 5.000 |
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Anspruch G und H gegen A: 25.000 × ½ Pflichtteilsquote = 12.500 |