Gesetzestext
1Jeder Miterbe ist verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen, die er nach den §§ 2050 bis 2053 zur Ausgleichung zu bringen hat. 2Die Vorschriften der §§ 260, 261 über die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung finden entsprechende Anwendung.
A. Beteiligte
Rz. 1
Den Auskunftsanspruch haben zunächst Miterben, soweit sie zu den Ausgleichsberechtigten zählen, wobei jeder Miterbe selbstständig handeln kann; §§ 2038, 2039 BGB greifen nicht (Individualanspruch). Ferner steht er enterbten pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen zur Bezifferung des Pflichtteils auf Grundlage des § 2316 BGB zu, ebenso dem Testamentsvollstrecker zur Erfüllung seiner Aufgaben, namentlich der Erstellung des Teilungsplanes und Mitwirkung bei der Auseinandersetzung, schließlich dem Nachlass- und Insolvenzverwalter, allerdings nur bei Vorliegen eines besonderen Interesses an der Feststellung eines einzelnen Erbteils.
Rz. 2
Zur Auskunft verpflichtet ist jeder Miterbe aus dem Kreis der Ausgleichsverpflichteten nach §§ 2050, 2052 BGB, der enterbte Abkömmling und m.E. nach dem Gesetzeszweck auch der Dritte, hinsichtlich dessen der Erblasser eine Ausgleichungspflicht durch letztwillige Verfügung angeordnet hat. Ob der Erbe einen Anspruch gegen den Pflichtteilsberechtigten hat, ist streitig: Das OLG München hat ihn verneint, das OLG Koblenz bejaht (zust. Schindler in der Anm.), und m.E. muss der Erbe ihn haben, da er ansonsten Gefahr läuft, dem Empfänger einer ausgleichungspflichtigen Zuwendung ohne Kenntnis der Quotenverschiebung zu viel zu zahlen (und den anderen zu wenig), da dessen Pflichtteil sich ja entsprechend seinem Erbteil nach Vollzug der Ausgleichungsvorschriften gegenüber der reinen Quote vermindert.
B. Inhalt/Durchsetzung
I. Umfang der Auskunft
Rz. 3
Der Verpflichtete hat Auskunft zu erteilen über sämtliche Zuwendungen, die er selbst erhalten hat. Ob Auskunftspflicht betreffend Zuwendungen an andere Miterben besteht, ist umstritten. Die grundlegende Entscheidung RGZ 58, 88 hatte dies angenommen (ebd. 91); gegenwärtige Lit. spricht sich dagegen aus. Nach dem Gesetzeswortlaut ("… die er … zur Ausgleichung zu bringen hat") dürfte letztere Auffassung zutreffen. Auskunft über Zuwendungen an den Vorgänger ist zu erteilen im Falle des § 2051 BGB. Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf Zuwendungen, die als ausgleichspflichtig auch nur möglicherweise in Betracht kommen. Die ältere Rspr. hatte noch gefordert, die Verpflichtung erfasse schlechthin alle Zuwendungen, die der Miterbe jemals vom Erblasser erhalten hat; zwischenzeitlich ist zwar immer noch von zeitlich und gegenständlich unbeschränkter "Totalaufklärung" die Rede, allerdings hat sich insoweit durchgesetzt, dass "nicht jede Kleinigkeit" zu offenbaren sei. Da § 259 Abs. 3 BGB nicht in Bezug genommen wurde, so demgegenüber die strenge Auffassung, müsse auch Auskunft zu geringfügigen Zuwendungen erteilt werden.
Rz. 4
Zu letztgültiger Subsumtion, ob Ausgleichspflicht besteht, ist der Pflichtige regelmäßig nicht imstande. Die Entscheidung, was im Einzelnen er offenzulegen hat, kann somit sinnvoll nicht seinem eigenen Ermessen oder Belieben anheimgestellt werden. Der Anspruch geht daher auf Darlegung aller "ausgleichungsrelevanten Eigenschaften" der Zuwendung, ihres Zeitpunkts (wegen § 2055 Abs. 2 BGB), der wertbildenden Faktoren, der für und gegen eine Ausgleichungspflicht sprechenden Umstände und auf die tatsächlichen Hergänge zu etwaigen Anordnungen des Erblassers. Soweit der Begünstigte eine Gegenleistung erbracht hat und somit Teilschenkung in Betracht kommt, sind auch die näheren Umstände dieser Gegenleistung darzulegen. Die Rechtslage entspricht insoweit derjenigen zu § 2314 Abs. 1 BGB, wo eine Auskunftspflicht auch betreffend die Bedingungen entgeltlicher Verträge angenommen wird, die eine Teilschenkung beinhalten können.