Rz. 9

Mitarbeit in Haushalt, Beruf oder Geschäft: Zur näheren Bestimmung dessen, was zu diesen Sphären rechnet, sind die Grundsätze der §§ 1619, 1360a BGB heranzuziehen. Mitarbeit meint jede geistige oder körperliche Tätigkeit unabhängig davon, ob es sich um Dienste höherer oder niederer Art handelt.[35] Verzicht auf eigenes Einkommen ist, anders als bei der Pflege, nicht vorausgesetzt. Die Mitarbeit muss planmäßig über einen gewissen Zeitraum hinweg, nicht nur gelegentlich und aushilfsweise erfolgen.[36] Der Begriff des Haushalts umfasst sämtliche Angelegenheiten der privaten Lebensführung, also Zubereitung von Mahlzeiten, Wäschepflege, Reinigen der Wohnung, Reparaturen, Besorgen von Einkäufen,[37] Kinderpflege.[38] Die Mitarbeit beim Beruf des Erblassers ist unabhängig davon, ob er selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird. Es reicht jede Art von Unterstützung, Handreichungen, Fahrten zur Arbeitsstätte, Schreibarbeiten,[39] die dem Erblasser die Berufsausübung ermöglicht, erleichtert oder kostensparend zu gestalten hilft.[40] Arbeit des Abkömmlings im Beruf selbst ist nicht erforderlich.[41] Geschäft ist jedes Unternehmen, nicht nur das kleingewerbliche;[42] auch Landwirtschaft kommt in Betracht.[43] Die Gesellschaftsform ist unerheblich, Mitinhaberschaft des Erblassers genügt.[44] Die Mitarbeit muss "längere Zeit" angedauert haben. Ein genereller zeitlicher Rahmen ist nicht bestimmbar; für hochwertige Tätigkeit kann ein kurzer Zeitraum genügen (Untergrenze dürften sechs Wochen sein);[45] für einfache Tätigkeit wird man längere Dauer, ggf. über Jahre, verlangen.[46]

 

Rz. 10

Erhebliche Geldleistungen: Es ist gleichgültig, ob die Zahlung einmalig oder laufend erfolgte.[47] Auch kann an einen Dritten, etwa einen Gläubiger des Erblassers, geleistet worden sein.[48] Ob beim Merkmal der Erheblichkeit objektive Kriterien oder der konkrete Lebenszuschnitt des Erblassers entscheidend sind, ist str.[49] Dies ist womöglich ein Scheinproblem. Wollte man mit Wolf einen "allg. gültigen Maßstab" beziffern, so wäre – Aspekt der subjektiven Spürbarkeit eines Geldbetrages – als erheblich etwa eine Quote von 10 % (vgl. zu § 323 ZPO) bezogen auf das inländische pro Kopf verfügbare Einkommen anzusehen oder den Durchschnittsnettolohn eines Arbeitsnehmers, im Jahr 2018 etwa 1.950 EUR. Indessen wird auch die objektive Anschauung zum Ergebnis gelangen, dass allg. gültig bezifferte Erheblichkeit keine Aussagekraft hat, vielmehr danach zu urteilen ist, was gemessen am Lebenszuschnitt des Begünstigten – und nicht des Gebers – einen erheblichen Betrag ausmacht. Danach werden 2.500 EUR, einem Kleingewerbetreibenden zum Wareneinkauf zugeschossen, eher erheblich sein als derselbe Betrag, zur Zahlung eines Geschäftsessens einem Großindustriellen ausgelegt, der sein Portefeuille vergessen hat.

 

Rz. 11

Problematisch ist dieses Merkmal, wenn das Geld durch den Erblasser bestimmungsgemäß verbraucht wurde (etwa für Luxusaufwendungen wie Urlaub, Opernabonnement). Vermögensmehrung oder -erhaltung sind in solchen Fällen naturgemäß beim Erbfall nicht festzustellen. Man arbeitet hier zutreffend mit dem Gedanken, dass dergleichen nur dann ausgleichspflichtig ist, wenn der Erblasser sich den Luxus ohnehin geleistet hätte und deshalb Geld erspart hat.[50] Weiterer Problemfall: Zuschüsse wegen Pflegebedürftigkeit des Erblassers an Sozialhilfeträger oder Pflegeeinrichtungen. Die Fragestellung ist derjenigen einer Ausgleichungspflicht des behinderten Kindes wegen des Sonderaufwands spiegelbildlich. Soweit solche Leistungen gesetzlich geschuldeten Unterhalt[51] darstellen, wären sie nach Obigem nicht ausgleichspflichtig. Indessen kann dies im Einzelfall als unbillig erscheinen, wenn nämlich andere Angehörige mangels Leistungsfähigkeit nicht herangezogen werden und die Unterhaltslast einen Abkömmling allein trifft (Bsp.: gut verdienender Abkömmling A wird von der Sozialbehörde auf Regress in Anspruch genommen, seine Schwester B, einkommenslose Hausfrau, indessen nicht).

 

Rz. 12

Beiträge in anderer Weise: In Betracht kommt jede Leistung, die geeignet war, sich auf Vermögensmehrung und -erhaltung positiv auszuwirken. Insoweit gilt alles zum Zuwendungsbegriff des § 2050 BGB Dargelegte – spiegelbildlich – entsprechend. Prinzipiell ausgleichspflichtig ist dasjenige, zu dessen Inanspruchnahme der Erblasser ansonsten eigene Mittel hätte aufwenden müssen,[52] insbes.: Stellung von Sicherheiten, Gebrauchsüberlassungen, Übernahme von Tätigkeiten (soweit nicht schon Mitarbeit), Pflegeleistungen zugunsten von Angehörigen.[53]

 

Rz. 13

Pflege: Zur Bestimmung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit sollte auf die Definitionen in § 14 SGB XI zurückgegriffen werden.[54] Es muss sich um Pflege des Erblassers gehandelt haben,[55] Pflege von Dritten kommt nur als Beitrag in anderer Weise gem. dem in Rdn 12 Dargelegten in Betracht. Der Abkömmling braucht nicht in eigener Person zu pflegen, er kann diese Dienstleistung auch durch seine Angehörige oder bezahlte Dritte ausführen lass...

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