Rz. 18
Soweit der Abkömmling für seine Leistungen eine Gegenleistung erhalten hat oder eine solche vereinbart wurde, korrespondiert seinem Vermögensopfer ein solches des Erblassers, so dass die Ausgleichungspflicht zu doppelter Honorierung führen würde. Die Vorschrift stellt klar, dass die Leistung des Abkömmlings – und sei es auch nur teilweise – unentgeltlich gewesen sein muss. Der Ausgleichungsbetrag soll ihn für seine Freigebigkeit entschädigen.
Rz. 19
Das Gesetz unterscheidet bei den Ausschlussgründen zwischen gewährtem oder vereinbartem Entgelt und Gegenansprüchen aus anderem Rechtsgrund. Gewährtes Entgelt – hier kommt jede Gegenleistung in Betracht, namentlich Dienstvergütung, Werklohn, Miete für Nutzungsüberlassung, Zins für Darlehen. Ob der Anspruch auf Geld gehen muss, wird in der Lit. nicht thematisiert; man wird aber anzunehmen haben, dass Leistungen des Erblassers jeder Art saldierbar sind. Die Bewertung familiärer Solidarität bringt im Zweifel gewisse dogmatische Schwierigkeiten mit sich. Hilft der Abkömmling längere Zeit kostenlos im Betrieb des Erblassers und hilft ihm der Erblasser Jahre später bei der Errichtung seines Hauses, so kommt synallagmatische Verknüpfung beider Vorgänge im Sinne einer Entgeltabrede zum einen kaum in Betracht, zum anderen wird man sich angesichts der Grundsätze zu § 2050 BGB schwertun, die Leistung des Erblassers ihrerseits als ausgleichungspflichtig anzusehen. Abhilfe schafft hier wohl nur eine Beweiserleichterung des Inhalts, die Erblasserleistung als einvernehmlich um der früheren Mithilfe des Abkömmlings willen erbracht anzusehen (der BGH hält es z.B. für möglich, übernommene Pflegeleistungen als nachträgliches Entgelt für eine frühere Schenkung anzusehen, so dass diese zur gemischten wird). Das Entgelt muss angemessen sein. Insoweit gilt die übliche Vergütung, der übliche Zins, die übliche Miete als Maßstab. Bleibt die Gegenleistung hinter der Üblichkeit zurück, ist die Differenz ausgleichspflichtig, es sei denn, sie wäre nur geringfügig (Gesichtspunkt des "besonderen Maßes"). Bereits erfüllte Entgeltansprüche schließen den Ausgleichungsanspruch aus. Ist das Entgelt noch nicht bezahlt, ist es als Nachlassverbindlichkeit zu erfüllen, und zwar von allen Erben, nicht nur den Ausgleichungsbeteiligten. Dies kann zu der strategischen Erwägung führen, vorrangig einen Entgeltanspruch zu verfolgen und sich erst subsidiär auf einen Ausgleich zu stützen; vgl. folgende Berechnungsbeispiele:
Rz. 20
Beispiel
Es erben Witwe W und Abkömmlinge A und B, Nachlasswert 100.
Var. (a): Nachlassverbindlichkeit wegen Mitarbeit des A 20. Restnachlass 80, hiervon W ½ mit 40, A ¼ mit 20; insgesamt erhält A 20 + 20 = 40.
Var. (b): Mit Ausgleichungsbetrag 20: Witwe erhält 100 : 2 = 50, von den restlichen 50 erhält A vorab 20, verbleiben 30, hiervon ½ = 15. Insgesamt erhält A 20 + 15 = nur 35.
Im Hinblick auf Pflegeleistungen ist der in der Praxis häufige Fall zu diskutieren, dass der Erblasser Pflegegeld gem. § 37 SGB XI beantragt und dies an den pflegenden Abkömmling weiterleitet. Da das Pflegegeld deutlich niedriger ist als die Pflegesachleistung, nämlich in den Graden (vormals: Stufen) 2 bis 5 nur 316/545/728/901 EUR beträgt, ergibt sich zum Wert der Pflegesachleistung gem. § 36 Abs. 3 SGB XI (689/1.298/1.612/1.995 EUR) eine monatliche Differenz von 373/753/884/1.094 EUR, die ohne weitere Prüfung als ausgleichungspflichtig angesehen werden sollte.
Rz. 21
Problemfall: Durch Dritte gewährtes Entgelt: Das Gesetz fordert seinem Wortlaut nach nicht, dass der Erblasser das Entgelt bezahlt haben muss. Dem Regelungszweck nach hat sich der Abkömmling demnach auch Beträge anrechnen zu lassen, die er von Dritten mit dem diesbezüglichen Verwendungszweck erhalten hat. Bei Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung gem. §§ 33 Abs. 1, 36 SGB XI ist zu beachten, dass der Pflegebedürftige Anspruchsinhaber ist. Soweit Zahlungen des Versicherungsträgers an pflegende Abkömmlinge direkt erfolgen, gelten sie als aus Mitteln des Gepflegten erbracht.
Rz. 22
Problemfall (in der Praxis häufig): Der pflegende Abkömmling wird ausdrücklich mit Rücksicht auf seine Leistungen zum Alleinerben eingesetzt. Kommt dieser Umstand als Gegenleistung in Betracht, der im Rahmen der Pflichtteilsberechnung nach § 2316 Abs. 1 S. 1 BGB die Berücksichtigung des Ausgleichungssachverhalts ausschließt? Dies wird man mit den Erwägungen des Gesetzgebers bejahen müssen (vgl. BT-Drucks 16/8954 S. 17 zu Nr. 14: "Hat der Erblasser auch keine Verfügung von Todes wegen errichtet, mit der er die Pflege durch Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis hätte honorieren können …"), unabhängig davon, dass die Leistung und die Erbeinsetzung im Zweifel nicht synallagmatisch verknüpft wurden i.S.d. Abs. 2 S. 1. Der Aspekt der Gegenleistung findet sich in BGH NJW 1993, 1197 nicht besprochen.
Rz. 23
Ansprüche aus anderem Rechtsgrund: Zu denken ist an solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht, Darlehensrückzahlung, fi...