Rz. 30
Zentrale Haftungsfalle im Zusammenhang mit den §§ 2058 ff. BGB ist – deren Normzweck entsprechend – der Vollzug der Erbteilung vor Erfüllung aller Nachlassverbindlichkeiten.
Rz. 31
Haftungsfallen drohen im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nachlassverbindlichkeiten gegenüber Miterben dem Klägervertreter aber auch in Form des Kostenrisikos, wenn ein Rechtsstreit angestrengt wird, bei dem von vornherein keine Erfolgsaussicht bestand. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn mit der Klage Zahlung aus dem ungeteilten Nachlass verlangt wird und nicht sämtliche Miterben verklagt werden, da dann der angestrebte Titel wegen § 747 ZPO nicht vollstreckt werden kann, so dass schon aus diesem Grunde durch das Gericht ein Rechtsschutzbedürfnis verneint werden kann. Dabei ist zwar nicht unbedingt ein einheitlicher Titel gegenüber sämtlichen Miterben erforderlich, die Darlegung der Herbeiführbarkeit der Vollstreckungsvoraussetzungen kann sich aber schwierig gestalten, wenn einzelne Miterben nicht prozessbeteiligt sind. Ein vergleichbares Risiko tritt ein, wenn eine der Erbengemeinschaft zustehende, fällige Gegenforderung nicht berücksichtigt wurde. Auch unter Verjährungsgesichtspunkten sind bei der Gesamtschuldklage Besonderheiten zu beachten. So beginnt die Ablaufhemmung des § 211 S. 1 Alt. 1 BGB im Falle mehrerer Erben bei einer vom Gläubiger erhobenen Gesamtschuldklage in dem Zeitpunkt, in dem der jeweils in Anspruch genommene Erbe die Erbschaft angenommen hat. Der klagende Gläubiger darf daher nicht den Zeitpunkt der Annahme durch den letzten Miterben abwarten, da er aufgrund seiner Klagemöglichkeit gegenüber dem annehmenden Miterben des Schutzes des § 211 BGB nicht mehr bedarf.
Rz. 32
Auf Beklagtenseite ist vorrangig die umfassende Geltendmachung der möglichen erbrechtlichen Einwände zu beachten. Neben den allg. Haftungsbeschränkungsmöglichkeiten, die jedem Erben zur Verfügung stehen (Erbschaft noch nicht angenommen, § 1958 BGB; Ausschluss von Nachlassgläubigern, §§ 1973, 1974 BGB; Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz, §§ 1975–1988 BGB, aber § 2062 BGB beachten (!); Erschöpfungs- und Dürftigkeitseinrede, §§ 1989–1992 BGB; Dreimonatseinrede, § 2014 BGB; Einrede des Aufgebotsverfahrens, § 2015 BGB), zählen hierzu die besonderen Verweigerungsrechte der Miterben (§§ 2059 Abs. 1 S. 1, 2060, 2061 Abs. 1 S. 2, 2063 Abs. 2 BGB). Daneben ist Vorsicht angebracht, wenn zur Erbmasse ein Mietwohnhaus gehört, da hier auch nach Veräußerung dieses Nachlassgegenstandes und Weiterleitung der von den Mietern geleisteten Kautionen an den Käufer, ein Kautionsrückzahlungsanspruch gegenüber den Erben fortbestehen kann. Zu den besonderen (Kosten-)Risiken einer isolierten Drittwiderklage gegenüber den vom Nachlassgläubiger nicht verklagten Miterben vgl. Damrau (vgl. auch Rdn 29), wobei der unterlassene Hinweis des beauftragten Rechtsanwalts auf eine entsprechende "Verteidigungsmöglichkeit" diesen ebenfalls einem Haftungsrisiko aussetzt.