Rz. 27
Zur Verteidigung gegen eine Gesamtschuldklage kann sich der in Anspruch genommene Miterbe der verschiedenen erbrechtlichen Einwände bedienen. Neben der in der Praxis häufig anzutreffenden Dürftigkeitseinrede nach §§ 1990–1992 BGB, kann er sich – solange er die Erbschaft noch nicht angenommen hat – auf die Unzulässigkeit einer bereits zu diesem Zeitpunkt gegen ihn erhobenen Klage berufen (§ 1958 BGB). Ebenfalls nur einen vorübergehenden Aufschub verschaffen ihm die Einreden nach §§ 2014, 2015 BGB, während die Verschweigungseinrede des § 1947 BGB sowie die Ausschließungseinrede des § 1973 BGB zu einem dauerhaften Erfolg führen können. Er kann bestehende Nachlassverwaltung oder -insolvenz geltend machen. Zu der Frage, auf welche der genannten Einwände sich der Miterbe auch noch nach Teilung des Nachlasses berufen kann, vgl. die Ausführungen zu § 2060 BGB.
Rz. 28
Einen Sonderfall stellt die Verweigerung der Befriedigung eines Nachlassgläubigers durch den einzelnen Miterben dar, wenn der Nachlassgläubiger auch Befriedigung durch Aufrechnung gegen eine ihn treffende fällige Forderung der Erbengemeinschaft erlangen könnte. Der Miterbe kann hier zwar nicht einzeln das der Erbengemeinschaft insgesamt zustehende Aufrechnungsrecht ausüben, er kann dem Kläger aber die Einrede des treuwidrigen Handelns entgegenhalten, da dieser letztlich den geltend gemachten Betrag zur Erbmasse zurückgeben müsste (aus welcher der Miterbe im Falle der Zahlung dann eine Rückerstattung erlangen könnte). Dies führt im Ergebnis nicht nur zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung des Miterben, sondern rechtfertigt die Abweisung der Klage insgesamt.
Rz. 29
Wird ein Miterbe vom Nachlassgläubiger, der möglicherweise die anderen Miterben bewusst schonen möchte, isoliert im Klagewege in Anspruch genommen, besteht für den beklagten Miterben ein Interesse, seine gegenüber den Miterben bestehenden Rückgriffsansprüche rechtlich und wirtschaftlich möglichst effektiv abzusichern. Rechtliche Sicherheit lässt sich dabei weitgehend über eine Streitverkündung (§ 72 ZPO) erzielen, da dann für den nachfolgenden Regressprozess die wesentlichen rechtlichen Grundlagen – insbesondere Bestand und Höhe der Nachlassverbindlichkeit – als geklärt angesehen werden können. Der vorrangig beklagte Miterbe sieht sich aber dem wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt, einen weiteren Rechtsstreit führen zu müssen, an dessen Ende sich sowohl das Nachlassvermögen wie auch das sonstige Vermögen der Miterben "verflüchtigt" haben könnten. Abhilfe kann hier eine (isolierte) Drittwiderklage gegenüber den Miterben bringen, über welche bewirkt werden kann, dass der beklagte Miterbe zeitgleich mit seiner Verurteilung einen Vollstreckungstitel gegenüber seinen Miterben erlangt.