Rz. 13
Ist der Nachlass noch ungeteilt i.S.d. Abs. 1, sind aber vorab Nachlassgegenstände verteilt oder einzelne Miterben in Höhe ihrer Quote abgefunden worden, so ist umstritten, ob der Miterbe bei der Vollstreckung einer Haftungsbeschränkung nach Abs. 1 unterliegt. Die Stimmen, die dies bejahen, sprechen sich gleichzeitig für einen Ersatzanspruch des Nachlassgläubigers bei einer dessen Interessen beeinträchtigenden Übertragung von Nachlassgegenständen in das Vermögen von Miterben analog §§ 1978, 1991 Abs. 1, BGB aus, der dann seinerseits zum Nachlass gehören (§ 1978 Abs. 2 BGB) und eine Verpflichtung des Miterben zur Rückgewähr der erhaltenen Gegenstände an den Nachlass begründen soll. Ein weiterer Ansatz unterwirft – im Wege der teleologischen Reduktion – die bereits verteilten Nachlassgegenstände dem unmittelbaren Zugriff der Nachlassgläubiger durch Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechts des Abs. 1 S. 1. Die Vorschrift bleibt dann nur anwendbar auf das Vermögen, welches dem Miterben bereits vor der partiellen Nachlassverteilung zustand.
Rz. 14
Beide Varianten erweisen sich aber als nur wenig praktikabel. So droht bei der erstgenannten Auffassung die doppelte Beschreitung des Rechtswegs, wenn nämlich erst bei Vollstreckung eines gegen die Miterben erwirkten Urteils, in welchem sich die beklagten Miterben die Beschränkung ihrer Erbenhaftung vorbehalten haben, festgestellt wird, dass Nachlassgegenstände, die für einen schnellen Vollstreckungserfolg von Interesse sind, bereits vorab an einzelne Miterben verteilt wurden. Es müsste dann gegenüber dem jeweils begünstigten Miterben der Anspruch auf Rückgewähr zum Nachlass gesondert eingeklagt werden. Im anderen Fall ist ein verwirrendes Vollstreckungsverfahren zu befürchten, da dann in einem in der gerichtlichen Praxis grundsätzlich nicht auf eine intensive Beweisaufnahme eingerichteten Verfahren geklärt werden muss, ob bestimmte Gegenstände, hinsichtlich derer die Vollstreckung begehrt wird, ursprünglich tatsächlich zum Nachlassvermögen gehörten. Auf vorab verteilte Nachlassgegenstände wird ein Nachlassgläubiger daher nur im Ausnahmefall versuchen, Zugriff zu nehmen.
Rz. 15
Bei angeordneter Testamentsvollstreckung wird die Anwendbarkeit der Haftungsbeschränkung bestritten, da die Unfähigkeit zur Befriedigung des Nachlassgläubigers aus dem Nachlass nicht aus den Besonderheiten der gesamthänderischen Bindung, sondern aus der Testamentsvollstreckung als solcher – die Miterben können nicht über Nachlassgegenstände verfügen, § 2211 BGB – resultiere, die einem Alleinerben aber gerade kein Leistungsverweigerungsrecht gewähre. Der argumentative Ansatz einer nicht sachgerechten Ungleichbehandlung von Alleinerbe und Miterben verkennt jedoch, dass sich der Alleinerbe nicht einer gesamtschuldnerischen Haftung mit Refinanzierungsrisiko im Innenverhältnis ausgesetzt sieht, als deren Kompensation auch bei angeordneter Testamentsvollstreckung die Haftungsbeschränkung des Abs. 1 S. 1 sachgerecht erscheint.