Rz. 1
Für Nachlassgläubiger liegt es schon im Hinblick auf § 2046 Abs. 1 BGB nahe, sich bis zur Teilung des Nachlasses im Wege der gemeinschaftlichen Inanspruchnahme sämtlicher Miterben an diesen zu halten. Dem trägt Abs. 2 Rechnung, der die Möglichkeit der Gesamthandsklage gegen die Erbengemeinschaft eröffnet. Entscheidet sich der Nachlassgläubiger hingegen für eine Inanspruchnahme des einzelnen Miterben nach § 2058 BGB, stellt sich die Problematik, dass dieser zur Haftungsbeschränkung durch Nachlassverwaltung (§§ 1975, 2062 BGB) auf die Mitwirkung der anderen Miterben angewiesen ist. Dies wird noch dadurch verschärft, dass der einzelne Miterbe zwar nach §§ 421, 2058 BGB für die volle Verbindlichkeit haftet, alleine aber nicht über die noch gesamthänderisch gebundenen Nachlassgegenstände (§ 2040 BGB) oder seinen Anteil an ihnen (§ 2033 Abs. 2 BGB) verfügen kann, um sich auf diese Weise die zur Befriedigung des Nachlassgläubigers erforderlichen finanziellen Mittel zu beschaffen. Zur Vermeidung von Härten und dem Grundanliegen folgend, den Erben vor einer Inanspruchnahme seines Eigenvermögens durch Nachlassgläubiger zu schützen, hat der Gesetzgeber daher hier das besondere Leistungsverweigerungsrecht nach Abs. 1 S. 1 geschaffen. Die damit einhergehende Beschränkung der Nachlassgläubiger auf den Nachlass und die Erbteile auch ohne amtliche Fremdverwaltung des Nachlasses wird als verantwortbar eingestuft, solange der Nachlass der gesamthänderischen Bindung (§§ 2032 Abs. 1, 2040 Abs. 1 BGB) unterliegt und vom Eigenvermögen des Miterben rechtlich getrennt ist. In Konsequenz dessen ist nach der Teilung des Nachlasses kein besonderer Schutz der Miterben mehr erforderlich, da sie dann über die ihnen jeweils zugeteilten Nachlassgegenstände ohne Mitwirkung der übrigen Miterben verfügen können.
Rz. 2
Auch dem unbeschränkbar haftenden Miterben billigt der Gesetzgeber über Abs. 1 S. 2 noch eine gewisse Privilegierung bis zur Teilung des Nachlasses zu, um einen Ausgleich zwischen den nur noch reduziert schützenswerten Interessen dieses Miterben im Außenverhältnis und seinem hiervon weitgehend unberührten Innenverhältnis zu den übrigen Miterben zu schaffen.
Rz. 3
Für den Praktiker schwierig zu handhaben wird diese Materie dadurch, dass relativ wenig obergerichtliche Rspr. verfügbar ist und im Schrifttum eine deutliche Tendenz erkennbar ist, als unbillig empfundene Ergebnisse durch restriktive oder erweiternde Auslegung auf der tatbestandlichen Seite, teilweise aber auch erst durch Eingriffe auf der Rechtsfolgenseite einer Korrektur zu unterwerfen, was bei einer Vielzahl str. Fallkonstellationen eine unübersichtliche Rechtslage nach sich zieht.