Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
I. Grundsatz
Rz. 29
Ein Verstoß gegen § 2065 BGB führt zur Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung, es sei denn, eine Umdeutung ist möglich. Verstößt die Erbeinsetzung gegen die Vorschrift des § 2065 BGB, kann diese ggf. in eine Zweckauflage umgedeutet werden. Die Bestimmung, dass ein Dritter entscheiden soll, ob eine Testamentsvollstreckung stattfindet, verstößt gegen § 2065 BGB. Auch eine Bestimmung dahingehend, dass ein Dritter die Entscheidung darüber treffen soll, wie lange die Testamentsvollstreckung dauert, stellt einen Verstoß gegen § 2065 BGB dar. Auch eine unwirksame Ermächtigung eines Dritten, den Erben zu bestimmen, kann nicht in eine Erbeinsetzung des Dritten umgedeutet werden, auch wenn dieser selbst entscheiden kann, ob er die Erbschaft behält. Hat der Erblasser verfügt, dass dem Testamentsvollstrecker die Regelung des Nachlasses zu einem sozialen Zweck übertragen wird, verstößt dies zwar gegen § 2065 BGB. Eine derartige Regelung kann jedoch in eine Erbeinsetzung des Testamentsvollstreckers umgedeutet werden, wobei er mit einer Auflage beschwert ist, den Nachlass sozialen Zwecken zuzuführen.
II. Ausnahmen und deren Abgrenzung
Rz. 30
Allerdings sind nicht alle Verfügungen nichtig, deren Gültigkeit vom Willen eines Dritten abhängen. Ursache dafür, dass ein Dritter entscheiden soll, kann auch der Wille des Erblassers sein, dass künftige Entwicklungen berücksichtigt werden, auch wenn er eine genaue Vorstellung bezüglich seiner Nachfolgeplanung hat. § 2065 BGB findet dann keine Anwendung, wenn der Bedachte selbst über die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung entscheiden soll. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn dem Bedachten das Vermögen des Erblassers nur dann zufallen soll, wenn er in einer bestimmten Art und Weise handelt oder eine Handlung unterlässt. Auch hier hängt die Gültigkeit der Verfügung von einer Wollensbedingung ab. Gem. § 2075 BGB ist eine Bedingung, über deren Eintritt der Bedachte zu entscheiden hat, jedoch zulässig. Hiergegen bestehen unter Berücksichtigung des § 2065 BGB auch deshalb keinerlei Bedenken, weil der in der letztwilligen Verfügung Bedachte stets selbst darüber entscheiden kann, ob er das ihm Zugewandte erwerben möchte oder nicht. Der Bedachte hat auch die Möglichkeit der Ausschlagung. Der Erblasser selbst hat bereits eine Entscheidung getroffen, es handelt sich nicht um eine Vertretung im Willen des Erblassers. Es muss dem Erblasser auf den Eintritt des Ereignisses ankommen. Unzulässig ist die Verfügung dann, wenn der Erblasser entscheidend auf die Willensentscheidung der bedachten Person abstellt. Ein Verstoß gegen Abs. 1 liegt auch dann nicht vor, wenn der Erblasser Verfügungen für den Fall trifft, dass der Erbe die Erbschaft ausschlägt.
Rz. 31
Das Gesetz unterscheidet zwischen aufschiebenden und auflösenden Bedingungen. Bestimmten Ereignissen wird seitens des Erblassers eine bestimmte rechtliche Wirkung eingeräumt. Macht der Erblasser die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung bspw. davon abhängig, ob die Erbschaft angenommen/ausgeschlagen oder der Pflichtteil eingefordert wird, ob eine Person heiratet oder die Ausbildung abgeschlossen hat, ob eine Person von einem Dritten adoptiert wird, so führt dies nicht zu einem Verstoß gegen § 2065 BGB. Auch hier ist allein der Eintritt/Nichteintritt des Ereignisses entscheidend. Es sind lediglich solche Bedingungen zulässig, bei denen der Erblasser seinen Willen bereits vollständig gebildet hat. In seine Überlegungen hat er lediglich das mögliche, wenn auch willensabhängige künftige Ereignis mit einbezogen. Das Ereignis an sich war für den Erblasser von Bedeutung, nicht der Wille des Dritten als solcher. Es darf in keinem Falle auf eine Vertretung im Willen hinauslaufen.
Rz. 32
In verschiedenen Sachzusammenhängen wird es dem Erblasser ausdrücklich gestattet, eine abschließende Konkretisierung seiner Verfügung auf andere zu verlagern. Der Erblasser kann gemäß der Vorschrift des § 2151 BGB mehrere Personen als Vermächtnisnehmer bestimmen und die Auswahl einem Dritten oder auch dem Beschwerten überlassen. Auch die Vorschrift des § 2156 BGB bildet eine Ausnahme zu § 2065 BGB.
Rz. 33
Hat der Erblasser eine Auflage verfügt und deren Zweck bereits bestimmt, kann die Person des Leistungsempfängers durch den Beschwerten oder einen Dritten festzulegen sein (siehe § 2193 BGB). Es ist daher möglich, dass der Erblasser die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung in Form einer Auflage anordnet, den Zweck bereits festlegt und die inhaltliche Fassung der Stiftungssatzung sowie die Auswahl des Stiftungsträgers dem Testaments...