Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
1. Begriff "gesetzliche Erben"
Rz. 5
Unter die Bezeichnung "seine gesetzlichen Erben bedacht" fallen nur die Verfügungen, mit denen der Erblasser seine "gesetzlichen Erben" mit dieser pauschalen Bezeichnung bedenkt. Die Formulierungen "meine Erben", "meine rechtmäßigen Erben" stehen der Bezeichnung "gesetzliche Erben" i.d.R. gleich. Setzt der Erblasser dagegen seine "Angehörigen" ein, ist dies nicht ausreichend. Zu den gesetzlichen Erben zählen auch adoptierte Kinder und Adoptiveltern. Dies gilt auch dann, wenn das Testament vor Inkrafttreten des Adoptionsgesetzes errichtet wurde. Hierunter fallen auch nichteheliche Kinder nach dem Vater bzw. väterlichen Verwandten als Erblasser, und zwar auch dann, wenn das Testament vor Inkrafttreten des Nichtehelichengesetzes errichtet wurde. Auch der Ehegatte fällt unter den Begriff "gesetzliche Eben". Dieser ist ebenfalls bedacht, wenn der Erblasser nicht lediglich seine Abkömmlinge bedenken wollte. Die Besonderheiten des Ehegattenerbrechts (§§ 1932, 1371 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 4 – Ausbildungsanspruch der Stiefkinder – sind auch im Rahmen des § 2066 BGB anwendbar. Wählt der Erblasser die Formulierung "es soll bei der gesetzlichen Erbfolge verbleiben", handelt es sich nicht um einen Fall des § 2066 BGB. Die Formulierung hat lediglich deklaratorischen Charakter. § 2066 BGB hingegen betrifft die gewillkürte Erbfolge, die sich mit der gesetzlichen Erbfolge deckt.
2. Welches Recht ist anwendbar?
Rz. 6
Für die Bestimmung, wer zu den gesetzlichen Erben zählt und zu welchen Quoten diese erben, ist grundsätzlich das im Zeitpunkt des Erbfalls geltende Recht maßgeblich, es sei denn, die Auslegung führt zu einem anderen Ergebnis. Dies gilt vor allem für eine Rechtsänderung zwischen Testamentserrichtung und Erbfall. Die Auslegung kann jedoch ergeben, dass das bei Testamentserrichtung maßgebende Recht angewendet werden soll. War bei Testamentserrichtung bereits neues Recht anwendbar, ging der Erblasser jedoch von der Geltung alten Rechts aus, so ist dieses maßgeblich. Kannte der Erblasser nur das alte Recht, reicht diese Tatsache allein nicht aus, um davon auszugehen, dass altes Recht gewollt war. Es wird vereinzelt die Ansicht vertreten, dass für den Fall, dass der Erblasser kurz nach Änderung der Gesetzeslage verstirbt, altes Recht und für den Fall, dass er erst längere Zeit nach der Gesetzesänderung verstirbt, neues Recht anwendbar sei. Diese pauschale Regelung ist jedoch abzulehnen. Maßgebend ist das, was der Erblasser gewollt hat. Dessen Wille ist zu ermitteln.
Ob der Erblasser bei Testamentserrichtung mit einer Änderung des Gesetzes gerechnet hat oder sie gar billigend in Kauf nahm, ist unerheblich. Auf den hypothetischen Willen des Erblassers ist ebenfalls nicht abzustellen. Die Regelung beinhaltet quasi eine Blanko-Willenserklärung. Dem wird auch gerecht, diese Erklärung auch auf das neue Gesetz zu beziehen.
Rz. 7
Sind die gesetzlichen Erben zu Nacherben berufen, so ist maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung, wer hierunter fällt, der Zeitpunkt des Nacherbfalls. Hat der Erblasser seine gesetzlichen Erben zu Nacherben berufen und verstirbt ein gesetzlicher Erbe zwischen Erb- und Nacherbfall, hat dieser kein vererbliches Anwartschaftsrecht. Dies gilt dann nicht, wenn die Auslegung zu einem anderen Ergebnis führt.
Rz. 8
Durch das Gleichberechtigungsgesetz wurde der Ehegattenerbteil erhöht (§§ 1371 Abs. 1, 1931 Abs. 3 BGB bzw. bei Gütertrennung § 1931 Abs. 4 BGB). Diese Erhöhung findet auch dann Berücksichtigung, wenn das Testament vor Einführung dieser neuen Vorschriften errichtet worden ist. Gleiches gilt für das Nichtehelichengesetz und das Adoptionsgesetz. Bei Erbfällen ab dem 1.8.2001 sind auch Lebenspartner gesetzliche Erben, sofern der Erblasser eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Dies gilt auch für Testamente, die vor diesem Stichtag errichtet wurden.