Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
Rz. 6
§ 2067 BGB ist dann unmittelbar anwendbar, wenn es sich um eine Erbeinsetzung handelt. In diesem Falle sind die Personen und deren Anteile an der Zuwendung nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu bestimmen. Im Zweifel ist daher nicht der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner, sondern sind nur die Verwandten bedacht.
I. Welches Recht ist anwendbar?
Rz. 7
Für die Bestimmung des Kreises der Personen, die gesetzliche Erben sind, ist der Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend, nicht dagegen der Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung. Bei der Einsetzung von Schlusserben ist der Eintritt des Schlusserbfalls maßgeblich. Es ist daher auf den Tod des Längstlebenden abzustellen. Für das anzuwendende Recht ist auch dann der Zeitpunkt des Schlusserbfalls heranzuziehen, wenn die Verwandten beider Ehegatten je zur Hälfte auf Ableben des Längstlebenden eingesetzt worden sind. Wurde die letztwillige Verfügung vor dem Inkrafttreten des NEhelG errichtet, sind, da auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen ist, auch nichteheliche Kinder zu Erben des Vaters berufen, es sei denn, dies entspricht nicht dem Willen des Erblassers. Stammt das Testament aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB, gilt auch hier die Auslegungsregel des § 2067 BGB.
II. Entsprechende Anwendung des § 2067 BGB
Rz. 8
Die Vorschrift des § 2067 BGB findet entsprechende Anwendung, wenn die Verwandten genau bezeichnet sind, d.h. der Erblasser eine bestimmte Gruppe seiner Verwandten einsetzt, nicht jedoch die Erbteile bestimmt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Erblasser bestimmt: "Meine Geschwister bestimme ich zu meinen Erben" oder "Die Kinder meiner Geschwister sollen meine Erben sein". Dies gilt auch dann, wenn der Erblasser "die ehelichen Nachkommen der verstorbenen Brüder meiner Mutter" zu seinen Erben berufen hat. Auch hier ist § 2067 BGB analog anwendbar. Es erfolgt keine Verteilung nach Köpfen, sondern eine Verteilung nach Stämmen. Auch bei der Einsetzung einer bestimmten Gruppe von Verwandten zu Nacherben gilt § 2067 BGB analog. Nach a.A. soll in derartigen Fällen jedoch die freie Auslegung entscheiden. Diese wird jedoch i.d.R. zum gleichen Ergebnis führen. Vorliegend ist der h.M. zu folgen. Es entspricht am ehesten dem Erblasserwillen, die Verwandten nach der gesetzlichen Erbfolge zu bedenken. Die Fälle, in denen der Erblasser lediglich eine bestimmte Gruppe seiner Verwandten bedenkt, nicht jedoch pauschal "seine Verwandten", anders zu behandeln, wäre nicht sachgerecht, so dass auch hier der Rechtsgedanke des § 2067 BGB anzuwenden ist.
§ 2067 BGB ist in den Fällen, in denen die Familienmitglieder gesetzlich erbberechtigt sind, entsprechend anwendbar. In einer letztwilligen Verfügung, wonach andere als Verwandte nichts bekommen sollen, kann nicht zugleich eine positive Erbeinsetzung der Verwandten gesehen werden. In diesem Falle greift § 2067 BGB nicht ein.
Hat der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung jedoch die gesetzlichen Erben namentlich genannt, nicht jedoch die Erbteile angegeben, kommt § 2091 BGB und nicht § 2067 BGB zum Zuge.
Rz. 9
Hat der Erblasser die Verwandten eines Dritten zu seinen Erben eingesetzt, ist § 2067 BGB analog anzuwenden. Im Zweifel sind diejenigen Personen gemeint, die gesetzliche Erben des Dritten wären. Der Ehegatte kann hier mitgemeint sein. Nach anderer, richtiger Ansicht ist § 2067 BGB in den Fällen, in denen der Erblasser die Verwandten eines Dritten einsetzt, nicht entsprechend anwendbar, da die verwandtschaftliche Nähe für § 2067 BGB maßgeblich ist. Diese ist jedoch nicht gegeben, wenn der Erblasser die Verwandten eines Dritten zu Erben einsetzt. Es ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wer als bedacht anzusehen ist. Unter den Begriff der "Familie eines Dritten" bzw. der "Hinterbliebenen eines Dritten" zählt auch dessen Ehegatte.
Hat der Erblasser seine Geschwister zu Erben berufen und verstirbt ein Geschwisterteil vor, sagt § 2067 BGB weder unmittelbar noch in analoger Anwendung etwas darüber, ob die Abkömmlinge der Geschwister zu Ersatzerben berufen sind.
§ 2067 BGB gilt für Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen. Unerheblich ist, ob derartige Verfügungen in einem Testament, gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag getroffen worden sind.