Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
I. Grundsatz
Rz. 8
Rechtsfolge des § 2068 BGB ist, dass die Abkömmlinge des verstorbenen Kindes an dessen Stelle treten. Maßgebend sind die Regelungen gem. § 1924 Abs. 2–4 BGB. Für die Beurteilung, wer unter den Begriff der Abkömmlinge fällt, ist der Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich. Das Gleiche gilt für die Erbquote. Dies gilt auch dann, wenn die letztwillige Verfügung vor dem Inkrafttreten des NEhelG bzw. des AdoptionsG errichtet worden ist. Der Anteil des vorverstorbenen Kindes ist auf dessen Abkömmlinge zu verteilen. Hierzu zählen auch die nichtehelichen Kinder. Im Falle einer Minderjährigenadoption zählen zu den Abkömmlingen auch die Adoptivkinder.
II. Entsprechende Anwendung des § 2068 BGB
Rz. 9
Eine Analogie wird allg. dann bejaht, wenn anstelle des Begriffes "Kinder" die Bezeichnung "Söhne" oder "Töchter" gewählt wurde und eine dieser Personen vorverstorben ist. Führt der Erblasser seine Kinder zusätzlich alle ("meine Kinder A, B und C") oder auch nur einen Teil namentlich auf, ist § 2068 BGB auch entsprechend anzuwenden, jedoch nur dann, wenn der Erblasser vom Vorversterben eines Kindes keine Kenntnis hatte. Im Falle des Vorversterbens eines Kindes vor Testamentserrichtung, allerdings unter der weiteren Voraussetzung, dass der Erblasser vom Vorversterben keine Kenntnis hatte, findet § 2068 BGB analoge Anwendung. In den Fällen, in denen der Erblasser Formulierungen wählt, die ein Kind oder mehrere ausschließen, wie z.B. "meine leiblichen Kinder", "meine ehelichen Kinder" oder "meine Kinder aus erster Ehe", findet § 2068 BGB ebenfalls Anwendung.
Rz. 10
§ 2068 BGB kommt nicht ohne Weiteres zum Zuge, wenn den Kindern von dritten Personen etwas zugewandt worden ist. Wurden die Kinder Dritter bedacht, ist dies ein Anhaltspunkt für eine Auslegung. Es ist nach allg. Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln, wobei auch Umstände herangezogen werden können, die außerhalb der Testamentsurkunde liegen, ob es dem Willen des Erblassers entspricht, dass an die Stelle des vorverstorbenen Kindes dessen Abkömmlinge treten. Nach a.A. ist § 2068 BGB analog anzuwenden. Auch im Falle des Dritten sei der Begriff "Kinder" auslegungsfähig und die Einbeziehung von Abkömmlingen entspreche auch hier typischerweise dem Erblasserwillen. Hat der Erblasser hingegen die Kinder des Dritten mit Namen bezeichnet, bleibt kein Raum für eine analoge Anwendung des § 2068 BGB. Diese Ansicht ist aber nicht zutreffend. Es kann nicht darauf geschlossen werden, dass für den Fall, dass der Erblasser die Kinder eines Dritten eingesetzt hat, er auch deren Stämme bedenken wollte. Häufig wird er die Kinder eines Dritten, im Gegensatz zu den Kindern seiner eigenen Abkömmlinge, nicht kennen. Es ist grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass es dem Willen des Erblassers entspricht, dass er ihm fremde Personen bedenken wollte. Dies kann allenfalls im Wege der Auslegung ermittelt werden. Für den Fall, dass die Kinder des Dritten namentlich benannt sind, kommt eine analoge Anwendung des § 2068 BGB ebenfalls nicht in Betracht.
Rz. 11
Hat der Erblasser seine Geschwister eingesetzt, ginge eine entsprechende Anwendung von § 2068 BGB zu weit. Hier ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Abkömmlinge an die Stelle des vorverstorbenen Geschwisterteils treten sollen.