Rz. 12

Hat der Erblasser in seinem Testament angeordnet, dass der Bedachte eine bestimmte Zuwendung erhält, wenn er im Güterstand der Gütertrennung lebt, ist § 2075 BGB nach seinem Wortlaut nicht anwendbar.[21] Vorliegend ist ein fortgesetztes Tun oder Unterlassen nicht gegeben. Ist die Bedingung jedoch gewollt, lässt sich im Wege der Auslegung allerdings nicht klären, ob eine auflösende oder eine aufschiebende Bedingung gewollt ist, ist § 2075 BGB analog anzuwenden. Gleiches gilt dann, wenn der Erblasser anordnet, eine Person erhalte die Zuwendung, die eine andere Person fortgesetzt pflegt. Die Bedingung zu erfüllen, liegt zwar nicht allein in der Willkür des Bedachten. Vielmehr ist deren Erfüllung auch vom Willen der zu pflegenden Person abhängig. Dennoch liegt im Zweifel eine auflösende Bedingung i.S.v. § 2075 BGB vor.[22] In den Fällen, in denen der Pflegebedürftige nicht gepflegt werden will und die Pflege somit an dessen entgegengesetztem Willen scheitert, gilt die auflösende Bedingung als nicht eingetreten (entsprechend § 2076 BGB). Scheitert hingegen die Fortsetzung der Pflege am Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen, ist die auflösende Bedingung eingetreten. § 2076 BGB findet keine Anwendung. Dies hat zur Konsequenz, dass die Nacherbfolge eintritt.[23] Dies gilt dann nicht, wenn die Auslegung zu einem anderen Ergebnis führt.

 

Rz. 13

Die Einschränkung in § 2075 BGB (Willkür des Bedachten; fortgesetztes Tun oder Unterlassen) ist allein zu dem Zweck erfolgt, dass keine Vermutungswirkung zugunsten einer Bedingung für den Fall, dass das Tun oder Unterlassen von der Mitwirkung eines Dritten abhängig ist, geschaffen worden ist. In den Fällen, in denen der Erblasser einen landwirtschaftlichen Betrieb zuwendet und in seiner Verfügung anordnet, dass die Zuwendung erfolgt, wenn er richtig bewirtschaftet wird, kann hierin die Bedingung der Erbeinsetzung zu sehen sein.[24] Ist eine angeordnete Bedingung sittenwidrig, entfällt die Verfügung, es sei denn, es kann eine Umdeutung erfolgen.[25]

[21] KG FamRZ 1968, 334; MüKo/Leipold, § 2075 Rn 6.
[22] BayObLG FamRZ 1993, 1494; BayObLG NJW-RR 1998, 729; MüKo/Leipold, § 2075 Rn 7; Staudinger/Otte, § 2075 Rn 3.
[23] LG Rostock FamRZ 2004, 1324.
[25] Johannsen, WM 1971, 926 f.

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