Ursula Seiler-Schopp, Michael Rudolf
Rz. 2
Hat der Erblasser eine Zuwendung unter der Bedingung verfügt, dass die Bedingung den Vorteil eines Dritten bezweckt, so gilt diese im Zweifel als eingetreten, wenn der Dritte die erforderliche Mitwirkung verweigert.
I. Bedingung
Rz. 3
§ 2076 BGB findet keine Anwendung, wenn keine Bedingung vorliegt, sondern vielmehr ein Vermächtnis oder eine Auflage zugunsten eines Dritten angeordnet wurde. § 2076 BGB gilt nur für rechtsgeschäftliche Bedingungen und ist nur dann anwendbar, wenn die Erfüllung eines Vermächtnisses oder einer Auflage Bedingung für die Zuwendung an die beschwerte Person ist.
II. Vorteil eines Dritten
Rz. 4
Sinn und Zweck der angeordneten Bedingung muss es sein, dass der Dritte einen Vorteil hiervon hat. Hat der Erblasser oder der Bedachte einen Vorteil, ist dies ohne Bedeutung für § 2076 BGB, da unter den Begriff des Dritten jede Person fällt, die nicht Erblasser oder bedachte Person ist. Bei dem Vorteil muss es sich nicht um einen geldwerten Vorteil handeln. Als Vorteile kommen Geld- oder Sachleistungen in Betracht, aber auch die dingliche Absicherung eines Rechts im Grundbuch oder die Gewährung von Wohnung.
Rz. 5
Die Anordnung des Erblassers, die Zuwendung davon abhängig zu machen, dass der Bedachte eine bestimmte Person heiratet, wird kontrovers behandelt. Nach einer Ansicht entspreche es nicht der komplexen Bedeutung der Ehe, sie als Vorteil für den Dritten i.S.d. § 2076 BGB zu qualifizieren. Nach a.A. ist es zweifelhaft, ob die Bedingung, dass der Bedachte eine bestimmte Person zu heiraten hat, unter § 2076 BGB fällt. Eine derartige Bedingung sei jedoch ohnehin unwirksam. Hier greife die individuelle Auslegung ein. Ob der Bedachte nach dem hypothetischen Willen des Erblassers eine Zuwendung erhalte oder nicht, sei demgemäß durch individuelle Auslegung zu ermitteln. Nach weiterer Ansicht ist die Bedingung stets dann nicht eingetreten, wenn der Dritte sich gegen die Eheschließung ausspricht. Der erstgenannten Ansicht ist zu folgen, da die Eingehung der Ehe bzw. die Ablehnung der Eheschließung nicht zum Vorteil eines Dritten ausgelegt werden kann. Es muss im Wege der Auslegung entschieden werden, ob für den Fall, dass eine derartige Bedingung überhaupt wirksam ist, die Zuwendung auch dann gewährt werden soll, wenn die Eheschließung seitens des Dritten abgelehnt wird.
III. Aufschiebende Bedingung
Rz. 6
Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um eine aufschiebende Bedingung handeln muss. Nur für diesen Fall liegt es im Interesse der bedachten Person, wenn der Eintritt der Bedingung angenommen wird.
IV. Verweigerung des Dritten
Rz. 7
Der Eintritt der Bedingung muss dadurch vereitelt werden, dass der Dritte seine Mitwirkung endgültig verweigert. Eine Mitwirkung kann dadurch verweigert werden, dass der Dritte dies ausdrücklich zum Ausdruck bringt, aber auch dadurch, dass aus seinem Verhalten eine endgültige Weigerung geschlossen werden kann. Scheitert der Eintritt der Bedingung an anderen Gründen als der endgültigen Verweigerung der Mitwirkung durch den Dritten, findet § 2076 BGB keine Anwendung. In diesem Falle muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob die Bedingung als eingetreten gilt, wenn deren Eintritt unmöglich geworden ist, dies jedoch nicht vom Bedachten zu verantworten ist. Demgemäß ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob allein die Herbeiführung des Erfolgs als Erfüllung des Versprechens gelten soll oder ob es genügt, dass sich der Bedachte zwar ernsthaft, aber erfolglos um den Eintritt der Bedingung bemüht. Im Rahmen der Auslegung ist auf den hypothetischen Willen des Erblassers abzustellen, d.h. auf den Willen, den er bei Errichtung des Testaments gehabt hätte, wenn er den ergänzungsbedürftigen Umstand gekannt hätte. Es ist demgemäß zu ermitteln, ob die vom Bedachten unverschuldete Unmöglichkeit dem Eintritt der Bedingung gleichgestellt werden kann. Als Beispiel hierfür sei genannt, dass der Bedachte die aufschiebende Bedingung des Erblassers, wonach er dessen behinderte Tochter in seinem Haushalt unterbringen und pflegen soll, aus dem Grund unverschuldet nicht erfüllen kann, weil die Unterbringung in einem Heim aus medizinischen Gründen notwendig gewesen ist.
Die Gründe, weshalb der Dritte seine Mitwirkung verweigert, sind unerheblich. Nach einer Ansicht gilt daher auch die Verweigerung der Mitwirkung aus berechtigtem Anlass heraus als Bedingungseintritt.Otte hingegen lehnt den Eintritt der Bedingung bei einer Weigerung aus berechtigtem Anlass ab. Aufgrund des Wortlauts des Gesetzes ist der erstgenannten Ansicht zu folgen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass eine Einschränkung dahingehend zu treffen ist, ob eine Verweigerung der Mitwirkung aus berechtigtem oder unberechtigtem Anlass erfolgt, wäre dies ausdrü...