Rz. 1

Sinn der Regelung des § 2080 BGB ist der Schutz der Rechtsposition dessen, der von der Verfügung betroffen ist, wobei zunächst festzustellen ist, dass § 2080 BGB nur auf eine Anfechtung nach dem Erbfall anwendbar ist. Ein Einzeltestament kann vom Erblasser zu Lebzeiten jederzeit abgeändert oder widerrufen werden, so dass es insoweit einer Anfechtung nicht bedarf. Ein Widerruf ist jedoch dann nicht mehr möglich, wenn der Erblasser geschäftsunfähig ist. Stimmen in der Lit. befürworten für diesen Fall, einem Betreuer ein Anfechtungsrecht analog der Vorschrift des § 2282 Abs. 2 BGB zuzubilligen.[1] Nach überwiegender, richtiger Ansicht[2] ist diese Analogie allerdings mit der klaren gesetzlichen Regelung des § 2080 BGB nicht vereinbar. Im Übrigen fehlt es auch an einer Gesetzeslücke. Eine analoge Anwendung der §§ 2281, 2282 BGB könnte für den Fall befürwortet werden, dass es dem Erblasser aufgrund einer eingetretenen Testierunfähigkeit nicht mehr möglich ist, seine letztwillige Verfügung zu widerrufen.[3] Allerdings ist wohl eher von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen, wonach eine Anfechtung auch in solchen Fällen nur dem Betroffenen zustehen sollte und somit den Anfechtungsberechtigten gem. § 2080 BGB.[4] Könnte angefochten werden, hätte der Erblasser ohnehin nicht mehr die Möglichkeit, neu zu testieren.

 

Rz. 2

Eine Anfechtung vor dem Erbfall durch den Erblasser selbst, wenn es sich um einen Erbvertrag oder um ein gemeinschaftliches Testament handelt, richtet sich nach der Vorschrift des § 2281 BGB. Handelt es sich hingegen um eine Anfechtung eines Erbvertrages oder eines gemeinschaftlichen Testaments durch Dritte, wenn der Erblasser bereits verstorben ist, sein Anfechtungsrecht jedoch noch nicht verloren hat (§ 2285 BGB), so gilt § 2080 BGB.

 

Rz. 3

Wird eine letztwillige Verfügung nach dem Erbfall angefochten, so ist der Kreis derer, die zur Anfechtung berechtigt sind, stets nach § 2080 BGB zu beurteilen, unabhängig davon, ob es sich um Verfügungen in einem Einzeltestament, einem Erbvertrag oder in einem gemeinschaftlichen Testament handelt. Da nicht derjenige anficht, von dem die Erklärung stammt, ist der Kreis der Anfechtungsberechtigten zu bestimmen. Der Gesetzgeber hat hierbei den Kreis derer, die eine letztwillige Verfügung anfechten können, bewusst eng gehalten. Es sollen nur die anfechten können, die durch die Verfügung unmittelbar in ihrer Rechtsstellung betroffen werden.[5] Die Regelungen des Abs. 2 und 3 schränken die Anfechtungsberechtigung noch weiter ein. Demjenigen, dessen Vermögensposition betroffen ist, soll es überlassen bleiben, ob die letztwillige Verfügung bestehen bleibt oder vernichtet wird. Eine Anfechtung aufgrund eines mittelbaren oder vielleicht sogar öffentlichen Interesses gibt es nicht. Wer kein unmittelbares eigenes Interesse hat, ist zur Anfechtung nicht befugt.

Anfechtungsberechtigt sind z.B.: bei Erbeinsetzung eines Dritten die nächsten gesetzlichen Erben; wechselseitig der Vor- und Nacherbe; der Ersatzerbe gegenüber dem Haupterben; der Miterbe gegenüber anderen Miterben.

[1] Lange, ZEV 2008, 313; Zimmer, NJW 2007, 1713; Harke, JZ 2004, 180.
[2] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 2; Staudinger/Otte (2013), § 2080 Rn 33; BeckOK BGB/Litzenburger, § 2080 Rn 1; Selzener, Zur Anfechtung und Bestätigung testamentarischer Verfügungen durch den Erblasser oder seinen gesetzlichen Vertreter, 2011, Fn 34, 36 ff.
[3] Harke, JZ 2004, 180; Jauernig/Stürner, § 2080 Rn 1.
[4] Ebenso OLG Bamberg ZEV 2015, 548 (Ls.) = BeckRS 2015, 13311; Staudinger/Otte (2013), § 2080 Rn 32 f.
[5] BayObLGZ 1975, 6, 9.

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