Rz. 5

Ein unmittelbares Zustattenkommen liegt dann vor, wenn der Anfechtende einen unmittelbaren rechtlichen Vorteil erlangt. Ein unmittelbarer rechtlicher Vorteil kann zum einen in einem Erbrecht bestehen. Ein solcher ist bspw. dann gegeben,[9] wenn die Enterbung oder die Einsetzung eines Dritten durch den gesetzlichen Erben angefochten wird, weiterhin, wenn der Widerruf einer Erbeinsetzung durch denjenigen, der in einem früheren Testament zum Erben eingesetzt wurde, angegriffen wird,[10] des Weiteren, wenn die Erbeinsetzung durch den Ersatzerben oder die Vorerbeneinsetzung durch den Nach- und Ersatzerben[11] oder eine bindende Schlusserbeneinsetzung durch denjenigen angefochten wird, der in einem späteren Testament berufen wurde,[12] weiterhin bei Anfechtung der Miterbeneinsetzung durch einen anwachsungsberechtigten anderen Erben. Einen rechtlichen Vorteil stellt auch der Anspruch aus einem Vermächtnis dar. Hierunter fällt bspw. die Anfechtung des Widerrufs eines Vermächtnisses durch den Vermächtnisnehmer. Auch der Wegfall einer Beschwerung fällt unter den Begriff des rechtlichen Vorteils. Hierunter fallen die Anfechtung einer Auflage oder einer Testamentsvollstreckung durch den Erben.[13]

 

Rz. 6

Der Erbe eines noch lebenden Erben oder dessen Ersatzerbe kann jedoch dann nicht anfechten, wenn der zuerst berufenen Person selbst ein Anfechtungsrecht zusteht.[14] Der Anfechtende erlangt auch dann einen rechtlichen Vorteil, wenn er einen Anspruch erwirbt oder wenn eine Beschwerung wegfällt.[15] Im Gegensatz hierzu kann der Widerruf einer Auflage vom Auflagebegünstigten nicht angefochten werden, da dies lediglich zu einem rein tatsächlichen Vorteil führt. Der Widerruf einer Auflage kann nur von demjenigen angefochten werden, der gem. § 2194 BGB die Vollziehung der Auflage verlangen kann.[16] Ein nicht aus der Ehe des Erblassers stammendes Kind gehört erst dann zum Kreis der anfechtungsberechtigten Personen, wenn die Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.

 

Rz. 7

Ein unmittelbares Zustattenkommen, und damit einen unmittelbaren rechtlichen Vorteil, erlangt die anfechtende Person dann, wenn diese durch die Anfechtung und die damit einhergehende Vernichtung der letztwilligen Verfügung ein Gestaltungsrecht erlangt.[17] Das Gleiche gilt, wenn der Anfechtende ein Gestaltungsklagerecht erwirbt.[18] Führt daher eine Anfechtung dazu, dass eine erbunwürdige Person Erbe wird, steht dem Anfechtenden durch die Anfechtung das Recht zu, Erbunwürdigkeitsklage zu erheben. Dieses Recht erlangt er durch die Anfechtung. Da dem Anfechtenden somit die Erbunwürdigkeit erbrechtlich zustattenkommt, gehört er zum Kreis der anfechtungsberechtigten Personen.[19]

 

Rz. 8

Auch die Erlangung einer Verfügungs- oder Verwaltungsberechtigung stellt einen rechtlichen Vorteil dar. Es kann daher derjenige anfechten, dessen Rechtsposition geschmälert wird.[20] Hierunter fallen bspw. die Anfechtung einer Verwaltungsbeschränkung durch die Eltern oder die Anfechtung des Widerrufs einer Testamentsvollstreckung.[21] Es ist hingegen nicht ausreichend, wenn der Anfechtende im Besitz eines Vollstreckungstitels gegen denjenigen ist, der nach einer Anfechtung zum Erben berufen wäre, und die anfechtende Person daher ein Interesse daran hat, dass der Nachlass seinem Schuldner zufällt.[22]

 

Rz. 9

Hat der Erblasser ein Auseinandersetzungsverbot verfügt oder Teilungsanordnungen vorgesehen, so sind die Erben, die hiermit belastet und betroffen sind, zur Anfechtung berechtigt. In den Fällen, in denen der Erblasser Testamentsvollstreckung anordnet, jedoch den Testamentsvollstrecker in seiner Amtsführung beschränkt, steht diesem ein Anfechtungsrecht zu.[23] Nach a.A. sei dies jedoch problematisch, so dass auch den Erben ein Anfechtungsrecht zustehen müsse.[24] Da der Testamentsvollstrecker sein Amt fremdnützig führt, sind i.d.R. auch die Erben unmittelbar vom Umfang der Befugnisse des Testamentsvollstreckers betroffen, so dass ihnen daher ebenfalls ein Anfechtungsrecht zuzugestehen ist. Bei familienrechtlichen Anordnungen, wie z.B. die Benennung eines Vormunds oder die Bestellung eines Gegenvormunds, steht sowohl dem Vormund, der davon betroffen ist, als auch dem Mündel ein Anfechtungsrecht zu.[25]

[9] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 5.
[10] RG Recht 1919, Nr. 2136.
[11] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 5.
[12] BayObLGZ 2002, 128, 132.
[13] BeckOK BGB/Litzenburger, § 2080 Rn 2.
[14] Staudinger/Otte, § 2080 Rn 2; Soergel/Loritz, § 2080 Rn 3.
[15] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 5.
[16] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 5.
[17] BGHZ 112, 229, 238 (Recht zur Anfechtung einer Ausschlagungserklärung).
[18] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 6.
[19] MüKo/Leipold, § 2080 Rn 6; Staudinger/Olshausen (2015), § 2340 Rn 14; Palandt/Weidlich, § 2080 Rn 5; BeckOK BGB/Litzenburger, § 2080 Rn 2; Schubert/Czub, JA 1980, 257, 263; a.A. Kipp/Coing, § 24IV 1a Fn 48.
[20] RG Recht 1909 Nr. 1334.
[21] BeckOK BGB/Litzenburger, § 2080 Rn 2.
[22] Staudinger/Otte, § 2080 Rn 2.
[23] Soergel/Loritz, § 2080 Rn 12; Erman/Schmidt, § 2080 Rn 4.
[24] Staudinger/Otte, §...

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