Rz. 76
Derartige Klauseln müssen grundsätzlich in die letztwillige Verfügung von Todes wegen aufgenommen werden. Nach geltender Rspr. können sich diese jedoch auch aufgrund einer ergänzenden Testamentsauslegung ergeben.[287] Als Bsp. sei hier genannt, dass der überlebende gebundene Erblasser im Wege ergänzender Auslegung über dasjenige Vermögen, das er nach dem Tode des Erstversterbenden hinzuerworben hat, anderweitig verfügen kann.
Rz. 77
Ordnen die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament an "der Überlebende soll über das gesamte Vermögen unter Lebenden frei verfügen können", kann dies Indiz für eine Bindung an die getroffene Schlusserbeneinsetzung sein.[288] Mit der Regelung in einem gemeinschaftlichen Testament "dem Längstlebenden von uns bleibt vorbehalten, abweichend insoweit von Todes wegen zu verfügen, als dadurch der Erbteil eines Abkömmlings nicht um mehr als ein Viertel verkürzt wird" ist der überlebende Ehegatten dahingehend freigestellt, den Erbteil zu kürzen; desgleichen ist es ihm gestattet, Testamentsvollstreckung anzuordnen.[289] Mit einer Anordnung, der überlebende Ehegatte solle "die Verfügungsgewalt über das gemeinsame Vermögen haben", ist keine Freistellung des überlebenden Ehegatten verbunden, anderweitig zu testieren.[290]
Rz. 78
Für die Ermittlung des Erblasserwillens können auch Aufbau und Gliederung des Testamentstextes Anhaltspunkte darstellen. Setzen sich Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Erben ein und verfügen danach: "der Längerlebende soll über den beiderseitigen Nachlass frei verfügen können", und folgt dann im Anschluss die Erbeinsetzung der Kinder zu Schlusserben, kann dies dafür sprechen, dass dem Längstlebenden nur eine lebzeitige Verfügungsfreiheit zusteht, er jedoch nicht berechtigt ist, die Schlusserbeneinsetzung abzuändern.[291]
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