Rz. 28
So kann also umgekehrt selbst die Zuwendung von Einzelgegenständen eine Erbeinsetzung darstellen (siehe bereits Rdn 20). Praktisch relevant ist dies insbesondere dann, wenn zum Vermögen des Erblassers Grundstücke oder Eigentumswohnungen gehören. Die Verfügung über nur einen einzelnen Gegenstand kann auch dann eine Erbeinsetzung darstellen, wenn der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung von Todes wegen zumindest subjektiv davon ausging, es handele sich bei diesem Gegenstand im späteren Erbfall praktisch um sein gesamtes Vermögen.[55] Ab wann über praktisch oder nahezu das gesamte Vermögen verfügt ist, ist eine Wertungsfrage. Litzenburger[56] räumt zwar ein, dass bei objektiver Betrachtung ebenso wie bei § 1365 BGB keine genaue Prozentzahl angegeben werden könne, fordert aber 90 % bei fehlenden Anhaltspunkten für den Erblasserwillen.[57] Eine mathematische Grenze ist indes abzulehnen; die von Litzenburger zitierte Rspr. ist dahingehend auch nicht ergiebig.[58]
Rz. 29
Wurde einer Person der Hauptnachlassgegenstand zugewiesen, ist es naheliegend, dass diese Alleinerbe ist, während die übrigen Personen, denen nur Gegenstände von geringerem Wert zugewandt werden, Vermächtnisnehmer sein sollen (siehe hierzu auch Einzelfälle aus der Rspr. Rdn 31 ff.).[59]
Rz. 30
Umgekehrt ist die Auslegung als Vermächtnis selbst dann möglich, wenn der oder die zugewendeten Einzelgegenstände das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen des Erblassers ausmachen.[60] Allerdings kommt hier entgegen der Auslegungsregel des Abs. 2 eher die Auslegung als Erbeinsetzung in Betracht.[61] Kriterium hierfür muss insbesondere die Rechtsstellung des Bedachten nach dem Willen des Erblassers sein (siehe dazu Rdn 4).
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