Gesetzestext
Sind einige von mehreren Erben auf einen und denselben Bruchteil der Erbschaft eingesetzt (gemeinschaftlicher Erbteil), so finden in Ansehung des gemeinschaftlichen Erbteils die Vorschriften der §§ 2089 bis 2092 entsprechende Anwendung.
A. Normzweck
Rz. 1
§ 2093 BGB eröffnet dem Erblasser die Möglichkeit, eine "Gruppenbildung" vorzunehmen und somit von dem Grundsatz abzuweichen, dass zwischen allen Erben grundsätzlich gleichartige Rechtsbeziehungen bestehen. Der Erblasser kann also durch die Einsetzung einzelner Erben auf ein und denselben Bruchteil der Erbschaft zwischen diesen Erben eine engere Beziehung herstellen mit der Folge, dass bestimmte Rechtswirkungen nicht unter allen Erben gleichmäßig, sondern zunächst innerhalb dieser Gruppe eintreten. Zu denken ist insoweit insbesondere an die Anwachsung gem. § 2094 BGB. Aber auch eine Ersatzberufung findet gem. § 2098 Abs. 2 BGB vorrangig innerhalb der Gruppe statt. Eine Gruppe kann wiederum aus verschiedenen Untergruppen bestehen. Allerdings bilden die auf diese Weise verbundenen Erben nicht etwa eine Untererbengemeinschaft; vielmehr hat die Einsetzung auf einen gemeinschaftlichen Erbteil lediglich Bedeutung im Innenverhältnis zwischen den betroffenen Erben.
B. Tatbestand
Rz. 2
Wann die Einsetzung auf einen gemeinschaftlichen Erbteil vorliegt, bestimmt § 2093 BGB nicht. Sofern also keine eindeutige Anordnung des Erblassers vorliegt, ist die Frage durch Auslegung zu klären. Eine rein sprachliche Zusammenfassung oder Gesamtbezeichnung genügt insoweit (als rein äußerliche Verbindung) nicht. Vielmehr muss aus der Erbeinsetzung der Wille des Erblassers hervorgehen, hinsichtlich einzelner Miterben im Verhältnis zu den übrigen Miterben eine engere Gemeinschaft zu schaffen und somit die Anwendung der §§ 2089–2092 BGB sowie § 2094 S. 2 BGB innerhalb dieser Gruppe sachlich zu rechtfertigen. Hierbei spielen auch Gesichtspunkte wie enge persönliche Beziehungen dieser Miterben untereinander oder eine gemeinsame Beziehung zum Gegenstand der Erbeinsetzung (vgl. § 2087 Abs. 2 BGB) eine Rolle. Sind Kinder aus erster Ehe bspw. neben der zweiten Ehefrau und Kindern aus zweiter Ehe eingesetzt, kann dies für eine Einsetzung auf einen gemeinschaftlichen Erbteil sprechen. Die Bezeichnung "Eheleute" soll für sich allein aber noch kein ausreichendes Indiz für die Einsetzung auf einen gemeinschaftlichen Erbteil darstellen.
Rz. 3
So kann die Zusammenfassung einzelner Erben unter einer Ziffer oder Gesamtbezeichnung ein solcher Anhaltspunkt sein. Ebenso kann die räumliche Anordnung der Bedachten im Testament ein entsprechendes Indiz darstellen. Grundsätzlich gilt: Je stärker sich die gewillkürte an die gesetzliche Erbfolge anlehnt, desto eher spricht dies für die Berufung der Angehörigen eines Stammes auf einen gemeinschaftlichen Erbteil. Auch bei einer Erbeinsetzung nach Gegenständen (vgl. § 2087 Rdn 28 ff.) ist die Einsetzung einzelner Miterben auf ein und denselben Gegenstand als Indiz für die Einsetzung auf einen gemeinschaftlichen Erbteil zu werten.
Rz. 4
Lässt sich ein entsprechender Erblasserwille feststellen, so steht der Anwendung des § 2093 BGB auch nicht entgegen, dass der Erblasser innerhalb der einzelnen Gruppen Untergruppen (mit Unterbruchteilen) bestimmt hat. § 2093 BGB kann selbst dann anwendbar sein, wenn der Erblasser sämtliche gewillkürten Erben auf ein und denselben Bruchteil der Erbschaft einsetzt, während es im Übrigen bei der gesetzlichen Erbfolge verbleiben soll.
C. Rechtsfolgen
Rz. 5
Liegt entsprechend den obigen Ausführungen (siehe Rdn 2 ff.) die Einsetzung einzelner Erben auf einen gemeinschaftlichen Erbteil vor, so sieht § 2093 BGB als Rechtsfolge die Anwendung der Ergänzungsregeln der §§ 2089–2092 BGB sowie die Anwachsung gem. § 2094 S. 2 BGB innerhalb dieser Erbengruppe vor. Dies wirkt sich praktisch in folgenden Fällen aus: Im Zweifel und mangels anderweitiger Bestimmung des Erblassers erben die Miterben innerhalb der Gruppe gem. § 2091 BGB untereinander zu gleichen Teilen, soweit sich nicht aus §§ 2066–2069 BGB ein anderes ergibt. Hat der Erblasser zwar eine Bestimmung hinsichtlich des Verhältnisses, in welchem die einzelnen Erben an dem gemeinschaftlichen Erbteil beteiligt sein sollen, getroffen, ist diese Bestimmung aber unvollständig oder fehlerhaft, so gelten §§ 2089–2092 BGB entsprechend. Sofern einer der auf den gemeinschaftlichen Erbteil eingesetzten Miterben vor Eintritt des Erbfalls...