I. Allgemeines
Rz. 10
Ersatzerbe kann ein Miterbe, ein gesetzlicher Erbe oder aber eine dritte Person sein. Der Erblasser kann den Ersatzerben auf den gesamten Nachlass, aber auch nur auf einen Bruchteil des Nachlasses einsetzen. Gesetzliche Vermutungen für Ersatzerbeneinsetzungen enthalten § 2069 sowie § 2102 BGB. Die Ersatzerbeneinsetzung muss nicht ausdrücklich angeordnet sein, sondern kann ohne Weiteres durch Auslegung ermittelt werden. Aus dem Wortlaut des § 2096 BGB sowie aus § 2051 Abs. 2 BGB ergibt sich, dass der Erblasser einen Ersatzerben nicht nur für einen gewillkürten Erben, sondern auch für einen gesetzlichen Erben bestimmen kann. Im Unterschied zum Nacherben, der erst dann erbt, wenn vor ihm ein anderer Erbe war, wird der Ersatzerbe unmittelbarer Rechtsnachfolger des Erblassers. Die Abgrenzung zwischen beiden Rechtsinstituten ist nicht immer ganz eindeutig. Auch für einen Nacherben kann ein Ersatzerbe (Ersatznacherbe) berufen werden. Der Ersatzerbe kann auch an die Stelle eines bedingt berufenen Erben treten. Es ist dann durch Auslegung zu ermitteln, ob die Bedingung auch für den Ersatzerben gelten soll.
II. Verhältnis zwischen § 2069 BGB und § 2096 BGB
Rz. 11
Umstritten ist, ob gem. § 2069 BGB die Abkömmlinge des zunächst bedachten Abkömmlings einem ausdrücklich berufenen Ersatzerben vorgehen. Dies wurde teilweise mit der einschränkenden Begründung bejaht, dass der Erblasserwille regelmäßig dahingehe, einen berufenen Ersatzerben erst beim Aussterben des gesamten Stammes des zunächst bedachten Erben zum Zuge kommen zu lassen. Das BayObLG hält diese Frage nicht für pauschal beantwortbar, sondern immer für eine Auslegungssache im konkreten Fall. Allerdings ist das Argument von Loritz nicht von der Hand zu weisen, dass der Erblasser sich bei einer ausdrücklichen Ersatzerbenbestimmung konkrete Gedanken über die ersatzweise getroffene Erbeinsetzung gemacht hat, so dass i.d.R. eine Anwendung von § 2069 BGB abzulehnen ist. In der Praxis sollte daher größtes Gewicht auf eine ausdrückliche und eindeutige Regelung gelegt werden.
III. Der hypothetische Ersatzerbe
Rz. 12
Die Regelung des § 2069 BGB gilt nur für Abkömmlinge des Erblassers. Sie kann auch nicht anlog angewandt werden, wenn der Erblasser andere Verwandte oder ihm sonst nahestehende Personen eingesetzt hat. In einem solchen Fall ist jedoch durch Auslegung zu ermitteln, ob in der Einsetzung des Erben zugleich die Kundgabe des Willens gesehen werden kann, die Abkömmlinge des Bedachten (oder auch dessen Ehegatten) zu Ersatzerben zu berufen (§ 2096 BGB). Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung an die Möglichkeit eines vorzeitigen Wegfalls des von ihm eingesetzten Erben tatsächlich gedacht hat und was er für diesen Fall wirklich oder mutmaßlich gewollt hat (sog. erläuternde Auslegung). Kann der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers nicht festgestellt werden, ist eine ergänzende Auslegung in Betracht zu ziehen. Ist der Bedachte eine dem Erblasser nahestehende Person, so legt die Lebenserfahrung die Prüfung nahe, ob der Erblasser eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge gewollt hat oder gewollt haben würde. Entscheidend bei der Zuwendung an einen fremden Abkömmling ist, ob die Zuwendung dem Bedachten als Ersten seines Stammes oder nur ihm persönlich gegolten hat. Die erforderliche Andeutung im Testament kann im ersten Fall (Zuwendung an den Ersten seines Stammes) schon in der Tatsache der Berufung dieser Person zum Erben gesehen werden. Die Rechtsprechung geht hier mit der Andeutungstheorie sehr großzügig um. Dieser großzügige Umgang wird aber nur bei dem Erblasser nahe verwandter Personen (z...