I. Bedingung, Befristung
Rz. 8
Der Erblasser kann in den Grenzen des § 2109 BGB grds. frei bestimmen, mit welchem Zeitpunkt oder Ereignis der Nacherbfall eintreten soll. Die Vorerbschaft ist begriffsnotwendig auflösend, die Nacherbschaft aufschiebend bedingt oder befristet. Der Erblasser kann auch eine mehrfache Bedingung oder Befristung vorsehen, wie dies z.B. im Fall des Ehegattentestaments mit Vor- und Nacherbschaft regelmäßig geschieht, in dem der Eintritt des Nacherbfalls alternativ an den Tod oder die Wiederverheiratung des zum Vorerben berufenen Ehegatten geknüpft wird. Ferner kann der Eintritt der Nacherbfolge von der zusätzlichen – auflösenden – Bedingung abhängig gemacht werden, dass der Vorerbe nicht anderweitig verfügt (siehe dazu Rdn 10).
Rz. 9
Auch die Vor- und Nacherbschaft selbst kann unter eine Bedingung gestellt werden. Ist z.B. im Ehegattentestament der Eintritt der Nacherbfolge allein an die Wiederverheiratung des ansonsten zum Vollerben eingesetzten Ehegatten geknüpft, liegt eine Kombination von auflösend bedingter Vollerbschaft und aufschiebend bedingter Vorerbschaft vor. Demgegenüber geht ein Teil der Lit. auch in diesem Fall von einer auflösend bedingten Erbeinsetzung und damit vom Regelfall der Vor- und Nacherbfolge aus.
II. Einfluss des Vorerben auf die Nacherbenbestimmung
1. Nacherbeneinsetzung unter Vorbehalt anderweitiger Verfügung des Vorerben
Rz. 10
Der Erblasser kann die Bestimmung der Person des Nacherben gem. § 2065 Abs. 2 BGB nicht einem Dritten überlassen. Nach h.M. kann der Eintritt der Nacherbfolge aber von der auflösenden (Potestativ-)Bedingung abhängig gemacht werden, dass der Vorerbe nicht anderweitig letztwillig verfügt. Darin liegt keine dem Vorerben verliehene Testierbefugnis, sondern die Ermächtigung zur Beseitigung der Nacherbschaft. Macht der Vorerbe von dieser Ermächtigung Gebrauch, wird er dadurch zum Vollerben und verfügt anschließend nur über sein eigenes, nun auch das Vermögen des Erblassers erfassendes Vermögen. Der Erblasser kann diese Ermächtigung auch eingeschränkt erteilen, indem er z.B. nur Verfügungen zugunsten bestimmter Personen zulässt. Eine unzulässige Vertretung des Erblassers im Willen gem. § 2065 Abs. 2 BGB kann hierin nicht gesehen werden, solange feststeht, dass der Vorerbe auch in diesem Fall über eigenes Vermögen verfügt, wenn auch nach Maßgabe der Bedingungen des Erblassers. Wird der Vorerbe in der letztwilligen Verfügung hingegen lediglich ermächtigt, den Nacherben andere Erbquoten zuzuweisen oder die Nacherben auszutauschen, ohne die Nacherbschaft zumindest partiell zu beseitigen, verfügt er nicht über eigenes Vermögen, sondern das des Erblassers. Derartige Gestaltungen sind mit § 2065 Abs. 2 BGB nur soweit vereinbar, als der Erblasser auch sonst die Bestimmung des Erben einem Dritten überlassen kann. Dem kann nicht mit dem Argument begegnet werden, dass schon die Verringerung der Erbteile der von der Veränderung der Erbquoten bzw. der anderweitigen Nacherbenbestimmung betroffenen Nacherben eine partielle Beseitigung der Nacherbschaft bedeutet. Eine Beseitigung der Nacherbschaft durch eine eigene Verfügung des Vorerben setzt voraus, dass der Vorerbe den Nachlass oder zumindest einen Teil hiervon dadurch der Nacherbschaft entzieht, indem er ihn seinen gewillkürten Erben zuwendet oder ihn zum Gegenstand von Vermächtnissen macht. Bei einer bloßen Veränderung der Erbquoten oder der Person der Nacherben ist dies nicht der Fall. Für derartige Gestaltungen sollte daher auf das Bestimmungsvermächtnis gem. § 2151 BGB ausgewichen werden.
Rz. 11
Eine die Vorerbschaft beseitigende anderweitige Verfügung kann nur nach dem Erbfall getroffen werden; vorher verstieße sie gegen § 2065 BGB. Da bis zum Tod des Vorerben der Eintritt der auflösenden Bedingung unsicher ist, bleibt bei Grundstücken der Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen, auch die Kontroll- und Sicherungsrechte der §§ 2127–2129 BGB bleiben erhalten.