Rz. 3

§ 2104 BGB ist nicht unmittelbar anwendbar, wenn die Bestimmung des Nacherben – durch Vorversterben, Anfechtung der letztwilligen Verfügung oder aus anderen Gründen – hinfällig ist oder wird.[8] Ist der zum Nacherben Berufene schon vor dem Erbfall weggefallen und keine Ersatznacherbschaft angeordnet worden, wird der Vorerbe i.d.R. sogleich mit dem Erbfall Vollerbe.[9] Dies gilt jedoch nicht, wenn feststeht, dass der Vorerbe die Erbschaft nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses erhalten soll; in diesem Fall ist § 2104 BGB entsprechend anzuwenden.[10] Eine entsprechende Anwendung kommt auch in Betracht, wenn der als Nacherbe Eingesetzte gar nicht geboren wird, z.B. wenn sich Ehegatten gegenseitig als Vorerben und die gemeinsamen Kinder als Nacherben berufen, die Ehe jedoch kinderlos bleibt.[11] Dem Willen der Eheleute wird es in diesem Fall allerdings i.d.R. eher entsprechen, dass der Überlebende Vollerbe wird.[12] Ob § 2104 BGB auch dann entsprechende Anwendung findet, wenn die Einsetzung des Nacherben wegen Verstoßes gegen §§ 7, 27 BeurkG unwirksam ist oder sie dies infolge Anfechtung wird, ist umstritten.[13] Wie Grunsky überzeugend darlegt, gebührt in diesen Fällen weder der entsprechenden Anwendung des § 2104 BGB noch der des § 2142 Abs. 2 BGB generell der Vorrang; vielmehr ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln, ob der Erblasser den Nachlass lieber dem Vorerben belassen oder ihn seinen gesetzlichen Erben zuwenden wollte.[14]

[9] MüKo/Grunsky, § 2104 Rn 3.
[10] RG JW 1907, 259.
[11] KG OLGE 44, 91.
[12] KG OLGE 44, 91.
[13] Für entsprechende Anwendbarkeit OLG Hamm Rpfleger 1996, 69, 70; OLG Frankfurt ZEV 2001, 316; KG JW 1938, 2821; a.A. Staudinger/Avenarius, § 2104 Rn 10; Palandt/Weidlich, § 2104 Rn 3.
[14] MüKo/Grunsky, § 2104 Rn 3.

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