Gesetzestext
(1)Die Vorschrift des § 1923 findet auf die Nacherbfolge entsprechende Anwendung.
(2)1Stirbt der eingesetzte Nacherbe vor dem Eintritt des Falles der Nacherbfolge, aber nach dem Eintritt des Erbfalls, so geht sein Recht auf seine Erben über, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist. 2Ist der Nacherbe unter einer aufschiebenden Bedingung eingesetzt, so bewendet es bei der Vorschrift des § 2074.
A. Erbfähigkeit des Nacherben
I. Erleben des Erbfalls
Rz. 1
Aus der wenig geglückten Verweisung in Abs. 1 auf § 1923 BGB folgt zunächst, dass Nacherbe nur werden kann, wer den Erblasser überlebt. Stirbt der Nacherbe vor dem Erbfall, wird seine Berufung in gleicher Weise gegenstandslos wie die eines vorversterbenden Vollerben. An die Stelle des weggefallenen Nacherben tritt ggf. ein Ersatznacherbe (näher dazu siehe Rdn 7); war als Nacherbe ein Abkömmling des Erblassers eingesetzt, sind gem. § 2069 BGB im Zweifel seine Abkömmlinge Ersatzerben. Sind keine Ersatzerben vorhanden, erwirbt der zum Vorerben Berufene die Erbschaft als Vollerbe, sofern nicht feststeht, dass der Vorerbe die Erbschaft nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt oder bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses erhalten soll; in diesem Fall ist § 2104 BGB entsprechend anzuwenden (vgl. § 2104 Rdn 3). Stirbt von mehreren als Nacherben Eingesetzten einer vor dem Erblasser, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob Anwachsung unter den übrigen Nacherben eintreten oder der Vorerbe bzgl. des Anteils des Weggefallenen Vollerbe werden soll; fehlen konkrete Anhaltspunkte für das Letztere, dann ist regelmäßig von Anwachsung auszugehen.
II. Ungeborener Nacherbe
Rz. 2
Wie sich aus § 2101 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt, bedeutet die Verweisung in Abs. 1 nicht, dass der Nacherbe zur Zeit des Erbfalls bereits leben oder gezeugt sein muss. Vielmehr bezieht sich die entsprechende Anwendbarkeit von § 1923 BGB auf den Nacherbfall, bei dessen Eintritt der Nacherbe leben oder doch gezeugt sein muss. Wenn der Nacherbe zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezeugt ist, wird die Nacherbeinsetzung nicht unwirksam, sondern entsprechend § 2101 BGB dahin umgedeutet, dass der noch nicht Gezeugte als weiterer Nacherbe eingesetzt ist. Erste Nacherben sind entsprechend § 2104 BGB im Zweifel die gesetzlichen Erben des Erblassers. Der gem. § 2101 BGB Berufene wird Nacherbe mit seiner Geburt, § 2106 Abs. 2 BGB. Ist der Nacherbe dagegen bei Eintritt des Nacherbfalls bereits gezeugt, wird der Anfall der Nacherbschaft entsprechend § 1923 Abs. 2 BGB auf den Zeitpunkt des Nacherbfalls zurückgerechnet. Für den Ersatzerben gelten die gleichen Grundsätze.
B. Vererblichkeit des Anwartschaftsrechts
I. Anwartschaftsrecht
Rz. 3
Mit dem Erbfall erwirbt der Nacherbe ein Anwartschaftsrecht, das gem. Abs. 2 S. 1 im Zweifel vererblich ist. Stirbt der Nacherbe vor oder gleichzeitig mit Eintritt des Nacherbfalls, geht das Anwartschaftsrecht somit als Bestandteil des Nachlasses des Nacherben auf dessen Erben über. Ob der Nacherbe aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge beerbt wird, ist dabei ohne Belang. Mehrere Erben des Nacherben bilden auch bzgl. der Nacherbenanwartschaft eine Erbengemeinschaft. Der Nacherbe kann seine Erben in Bezug auf die Nacherbenanwartschaft seinerseits durch Anordnung einer Nacherbschaft oder einer Testamentsvollstreckung beschränken und kann die Anwartschaft durch letztwillige Verfügung auch einem Vermächtnisnehmer, der nicht zu seinen Erben gehört, zuwenden. Die Vererblichkeit der Anwartschaft eines Mitnacherben geht im Zweifel der Anwachsung (§ 2094 BGB) vor. Bei mehrfacher Nacherbfolge ist auch das Anwartschaftsrecht des weiteren Nacherben vererblich. Nicht erforderlich ist, dass der weitere Nacherbe den ersten Nacherbfall erlebt, da er – anders als ein Ersatznacherbe- bereits vom Zeitpunkt des Erbfalls an die vollen Rechte eines Nacherben hat.
II. Unbekannte Nacherben
Rz. 4
Die Anwendung von Abs. 2 S. 1 ist ausgeschlossen, wenn die Person des Nacherben zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht feststeht, sondern erst mit Eintritt des Nacherbfalls bestimmt werden kann, weil in diesem Fall gar kein Anwartschaftsrecht besteht und die Berufung eines zunächst Eingesetzten durch seinen Wegfall gegenstandlos wird. Hat der Erblasser z.B. Abkömmlinge einer bestimmten Person zu Nacherben berufen, liegt die Annahme seines Willens nahe, dass auch die bis zum Nacherbfall geborenen Abkömmlinge an der Erbschaft beteiligt und die Personen der Nacherben erst nach dem Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge bestimmt sein sollen. Entsprechendes gilt, wenn die Nacherben über § 2104 BGB konstruktiv beruf...