I. Begriff und Anwendungsbereich
Rz. 2
Gem. Abs. 1 kann der Vorerbe nicht wirksam über nachlasszugehörige Grundstücke und Grundstücksrechte verfügen, soweit er damit das Nacherbenrecht beeinträchtigt. Zu den Grundstücksrechten zählen alle in das Grundbuch einzutragenden dinglichen Rechte, insbesondere Hypotheken, Grund- und Rentenschulden. Den Grundstücken stehen Erbbaurechte (§ 11 ErbbauRG) und das Sondereigentum gem. § 1 WEG gleich. Ferner gelten die Verfügungsbeschränkungen seit dem 1.1.1941 für eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke und – obwohl die Vorschrift diese nicht ausdrücklich nennt, wie sich aber aus § 2114 S. 3 BGB ergibt – Schiffshypotheken. Keine Rolle spielt es, ob die genannten Gegenstände und Rechte bereits im Erbfall zum Nachlass gehörten oder erst später hinzugekommen sind; die Verfügungsbeschränkungen erstrecken sich ohne weiteres auch auf Surrogate. Umgekehrt setzt sich eine für den ursprünglichen Gegenstand bestehende Verfügungsbeschränkung nicht am Surrogat fort; der Vorerbe kann somit über den Kaufpreis für ein Nachlassgrundstück frei verfügen, auch wenn er für die Verfügung über das Grundstück auf die Zustimmung des Nacherben angewiesen war.
Rz. 3
Der Begriff der Verfügung ist rechtstechnisch (§ 185 BGB) zu verstehen, bedeutet also jede dingliche Übertragung, Belastung, Inhaltsänderung und Aufgabe des Rechts. Die zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfte werden nicht von § 2113 Abs. 1 BGB erfasst, sind also ohne Zustimmung des Nacherben wirksam. Zu den Verfügungen zählen insbesondere die Eigentumsübertragung durch Auflassung und die Belastung eines Grundstücks, ferner die Bewilligung einer Vormerkung, die Bestellung eines Erbbaurechtes, der Rangrücktritt oder die Erklärung des Berechtigten gem. § 915 Abs. 1 BGB. Entsprechende Anwendung findet Abs. 1 auf die Übernahme einer öffentlich-rechtlichen Baulast durch den Vorerben. Nicht anwendbar ist Abs. 1 auf die Teilungsversteigerung eines Nachlassgrundstücks nach §§ 180 ff. ZVG, denn die Grundstücksübertragung beruht hier nicht auf einer Verfügung des Vorerben. Nicht zu den Verfügungen rechnet, da rein schuldrechtlich, die langfristige Verleihung eines Nachlassgrundstücks.
II. Grundstücke im Gesamthandsvermögen
1. Verfügung über Grundstück im Gesamthandsvermögen
Rz. 4
Kein Fall des Abs. 1 BGB liegt vor, wenn zum Nachlass Gesamthandsanteile an BGB-Gesellschaft, OHG oder KG gehören und die Gesamthand über zum Gesamthandsvermögen gehörende Grundstücke verfügt. Gegenstand der Nacherbfolge ist in diesem Fall nur der Gesamthandsanteil und nicht das zum Gesamthandsvermögen gehörende Grundstück; an den einzelnen Gegenständen des Gesamthandsvermögens haben die Gesamthänder keine unmittelbaren Rechte. Abs. 1 ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Eine entsprechende Anwendung scheidet ebenfalls aus, weil andernfalls auch die übrigen, nicht nacherbschaftsbelasteten Gesamthänder auf eine Zustimmung des Nacherben angewiesen wären. Für eine Beschneidung der Rechte der übrigen Gesamthänder bietet § 2113 BGB aber keine Rechtfertigung. Dies gilt selbst dann, wenn der Vorerbe neben dem Erblasser einziger Mitgesamthänder war, denn er braucht seinen eigenen Anteil nicht de facto dem Willen des Nacherben zu unterwerfen, weshalb im Grundbuch auch kein Nacherbenvermerk aufzunehmen ist. Bei einer Gütergemeinschaft kann der überlebende Ehegatte als Vorerbe des verstorbenen Gatten mithin ohne die Beschränkung des § 2113 BGB über ein Grundstück verfügen, das zum Gesamtgut gehörte. Gleiches gilt, wenn einer von zwei Miterben durch den anderen zum Vorerben eingesetzt wird, für die Verfügung des Überlebenden über ein Nachlassgrundstück.
2. Verfügung über Gesamthandsanteil
Rz. 5
Ebenso wenig ist Abs. 1 einschlägig, wenn nicht über das im Eigentum der Gesamthand stehende Grundstück, sondern über den Gesamthandsanteil (z.B. KG-Anteil, OHG-Anteil) verfügt wird, auch wenn das Gesamthandsvermögen im Wesentlichen aus Grundstücken beste...