Rz. 1
Mit dem Anspruch auf ein Verzeichnis der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände wird in erster Linie dem Sicherungsinteresse des Nacherben Rechnung getragen; dieser soll ein Beweismittel für die Durchsetzung seiner Rechte im Nacherbfall erhalten. Gleichzeitig schützt das Verzeichnis den Vorerben vor unbegründeten Ersatzansprüchen. Von der Pflicht zur Mitteilung des Verzeichnisses kann der Vorerbe nicht befreit werden, vgl. § 2136 BGB. Anders als das Inventar gem. § 2009 BGB begründet das Verzeichnis nach § 2121 BGB keine Vollständigkeitsvermutung. Dem Nacherben ist daher der einfache Beweis eröffnet, dass auch nicht im Verzeichnis aufgeführte Gegenstände zum Nachlass gehören; umgekehrt kann der Vorerbe die Nichtzugehörigkeit eines Gegenstands durch einfachen Gegenbeweis dartun. Dies gilt nach den §§ 415 Abs. 2, 418 Abs. 2 ZPO auch bei einem gem. § 2121 Abs. 3 BGB in öffentlicher Urkunde aufgestellten Verzeichnis. Im Verhältnis zu den Nachlassgläubigern hat das Verzeichnis keine Wirkung, namentlich nicht diejenige eines Inventars gemäß §§ 1993 ff. BGB.
Rz. 2
Anspruchsinhaber ist der Nacherbe. Sind mehrere Nacherben – gleich ob neben- oder nacheinander – eingesetzt, kann jeder von ihnen die Mitteilung des Verzeichnisses verlangen, und zwar auch gegen den Willen der übrigen Nacherben. Dem Ersatznacherben steht der Anspruch vor Eintritt des Ersatzfalls hingegen nicht zu. Ist für den Nacherben ein Testamentsvollstrecker gem. § 2222 BGB bestellt, kann nur dieser und nicht auch der Nacherbe den Anspruch geltend machen. Verpflichtet ist der Vorerbe. Wird die Erbschaft durch einen (Vorerben-)Testamentsvollstrecker verwaltet, hat dieser dem Nacherben das Verzeichnis mitzuteilen, unbeschadet seiner gem. § 2215 BGB gegenüber dem Vorerben bestehenden Mitteilungspflicht. Mehrere Vorerben schulden das Verzeichnis gemeinschaftlich. Der erste Nacherbe schuldet dem weiteren das Verzeichnis erst, wenn der erste Nacherbfall eingetreten ist.
Rz. 3
Es steht dem Nacherben frei, wann er den Anspruch geltend macht, dieser kann während der gesamten Dauer der Vorerbschaft erhoben werden. Er verjährt gemäß § 199 Abs. 3a BGB in 30 Jahren von seiner Entstehung an und erlischt mit dem Nacherbfall; nach Eintritt des Nacherbfalls schuldet der Vorerbe Rechenschaft gem. § 2130 Abs. 2 BGB. Er kann vom Nacherben nur einmal geltend gemacht werden. Mehrere Nacherben können den Anspruch aus § 2121 BGB jedoch zu verschiedenen Zeitpunkten geltend machen, der Vorerbe schuldet dann jedem Nacherben ein gesondertes jeweils aktuelles Verzeichnis. Veränderungen des Nachlasses nach Mitteilung eines Verzeichnisses berechtigen den Nacherben nicht, ein neues Verzeichnis zu verlangen. Dem Nacherben bleibt hier nur die Möglichkeit, Auskunft über den – aktuellen – Bestand der Erbschaft nach § 2127 BGB zu fordern. Eine eidesstattliche Versicherung bzgl. Richtigkeit und Vollständigkeit des Verzeichnisses sieht das Gesetz nicht vor; diese kann nur i.R.d. Auskunftsanspruchs nach § 2127 BGB oder der Rechenschaftspflicht nach § 2130 Abs. 2 BGB, jeweils i.V.m. §§ 260 Abs. 2, 261 BGB, verlangt werden. Der Nacherbe hat das Recht, zur Aufnahme des Verzeichnisses hinzugezogen zu werden (Abs. 2), allerdings ist wegen des ohnehin nur geringen Beweiswerts nicht ersichtlich, welche Rechtsfolge es zeitigen soll, wenn die Hinzuziehung trotz Verlangens unterbleibt.
Rz. 4
Der Anspruch ist ggf. im Prozessweg zu verfolgen. Zuständig sind die ordentlichen Gerichte und nicht das Nachlassgericht. Die Vollstreckung erfolgt nach § 888 ZPO.