Gesetzestext
(1)Wird durch das Verhalten des Vorerben oder durch seine ungünstige Vermögenslage die Besorgnis einer erheblichen Verletzung der Rechte des Nacherben begründet, so kann der Nacherbe Sicherheitsleistung verlangen.
(2)Die für die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Sicherheitsleistung geltende Vorschrift des § 1052 findet entsprechende Anwendung.
A. Voraussetzungen der Sicherheitsleistung
Rz. 1
Die Vorschrift gibt dem Nacherben bei begründeter Besorgnis einer Rechtsverletzung das Recht, Sicherheitsleistung vom Vorerben zu verlangen, wie dies gem. § 1051 BGB auch für das Verhältnis zwischen Eigentümer und Nießbraucher gilt, und, falls die Sicherheit nach Verurteilung nicht fristgerecht geleistet wird, dem Vorerben die Verwaltung entziehen zu lassen, Abs. 2 mit § 1052 BGB. Die Rechtsverletzung muss erheblich sein, darf also nicht nur im Verhältnis zum Nachlasswert geringfügige Gegenstände betreffen (vgl. § 2127 Rdn 2). Geschütztes Recht ist der Herausgabeanspruch des Nacherben gem. § 2130 BGB und dasjenige auf Anfall der Nacherbschaft aus § 2139 BGB. Von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung kann gem. § 2136 BGB Befreiung erteilt werden.
Rz. 2
Die Besorgnis der Rechtsverletzung muss aus dem Verhalten des Vorerben oder aus dessen ungünstiger Vermögenslage resultieren. Ein gefährdendes Verhalten kann regelmäßig dann angenommen werden, wenn der Vorerbe den Beschränkungen und Verpflichtungen der §§ 2113, 2114, 2116 ff. BGB zuwiderhandelt (z.B. unentgeltliche Verfügungen vornimmt). Auch die Unterlassung der Geltendmachung von zur Erbschaft gehörenden Rechten oder unrichtige Angaben in einem Nachlassverzeichnis können die Besorgnis einer Rechtsverletzung begründen. Nach h.M. braucht das Verhalten des Vorerben weder schuldhaft noch pflichtwidrig zu sein; so kann auch die schlechte Verwaltung eines anderen Vermögens, insbesondere des freien Vermögens des Vorerben, einen Anspruch auf Sicherheitsleistung auslösen. Im Allgemeinen dürfte ein nicht vorwerfbares Verhalten jedoch nur selten die Besorgnis einer Rechtsverletzung begründen. Nicht gerechtfertigt ist die Besorgnis, wenn der Nacherbe einer Verfügung des Vorerben nach § 2120 BGB zustimmen muss.
Rz. 3
Anders als bei § 2127 BGB kann auch eine ungünstige Vermögenslage des Vorerben die Besorgnis der Rechtsverletzung begründen. Dies ist dann der Fall, wenn zu befürchten ist, dass Gläubiger des Vorerben in Nachlassgegenstände vollstrecken, oder wenn das Vermögen des Vorerben nicht ausreicht, um bereits entstandene Ersatzansprüche des Nacherben abzudecken. Die bloße Überschuldung reicht jedoch nicht aus. Ob die ungünstige Vermögenslage des Vorerben schon beim Erbfall gegeben oder erst später eingetreten ist, spielt ebenso wenig eine Rolle wie die Ursache hierfür; nur die Tatsache der ungünstigen Vermögenslage selbst muss objektiv feststehen.
B. Prozessuales
Rz. 4
Der Anspruch auf Sicherheitsleistung ist notfalls im Prozessweg geltend zu machen; er setzt aber nicht voraus, dass der Vorerbe hierzu bereits rechtskräftig verurteilt ist. Sind mehrere Nacherben vorhanden, kann jeder von ihnen Sicherheit verlangen (vgl. § 2127 Rdn 5). Die Höhe der Sicherheit ist vom Prozessgericht festzusetzen und richtet sich grundsätzlich nach dem Wert des Nachlasses. Anderes kann gelten, wenn nur ein Teil des Nachlasses gefährdet ist. Die Sicherheit kann aus dem Nachlass geleistet werden, erforderlichenfalls muss der Vorerbe aber auch sein freies Vermögen einsetzen. Wie die Sicherheit im Einzelnen zu bewirken ist, regeln die §§ 232 ff. BGB. Der Anspruch kann auch einredeweise durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts geltend gemacht werden.
Rz. 5
Wenn der Vorerbe rechtskräftig zur Sicherheitsleistung verurteilt worden ist und er die Sicherheit nicht innerhalb der im Urteil (§ 255 Abs. 2 ZPO) oder nachträglich vom Vollstreckungsgericht (§ 764 ZPO) gesetzten Frist geleistet hat, kann der Nacherbe gem. Abs. 2 i.V.m. § 1052 Abs. 1 BGB verlangen, dass dem Vorerben die Verwaltung des Nachlasses entzogen und auf einen vom Gericht zu bestellenden Verwalt...