Rz. 1

Die in den §§ 2113 ff. BGB vorgesehenen Beschränkungen und Verpflichtungen verfolgen den Zweck, dem Nacherben den Nachlass möglichst ungeschmälert zu erhalten. Für den Erblasser steht jedoch bei der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft vielfach nicht das Erhaltungsinteresse des Nacherben, sondern die angemessene Versorgung und Ausstattung des Vorerben im Vordergrund. § 2136 BGB erlaubt es dem Erblasser daher, den Vorerben von den meisten Beschränkungen und Verpflichtungen der §§ 2113 ff. BGB zu befreien. Die Aufzählung in § 2136 BGB ist abschließend; eine weitergehende Befreiung ist nicht möglich.[1] Nicht befreit werden kann der Vorerbe also

vom Verbot unentgeltlicher Verfügungen (§ 2113 Abs. 2 BGB; ein gleiches Ergebnis kann jedoch bzgl. bestimmter Verfügungen durch Vorausvermächtnis erreicht werden, siehe Rdn 7);
vom Surrogationsprinzip (§ 2111 BGB; auch insoweit kann Vorerbe aber durch Vorausvermächtnis freier gestellt werden);
von der Beschränkung der Eigengläubiger des Vorerben bei Zwangsverfügungen (§ 2115 BGB; für dahingehende Befreiung dürfte regelmäßig auch kein Bedürfnis bestehen);
von der Verpflichtung zur Inventarisierung (§ 2121 BGB);
von der Verpflichtung, den Zustand der Erbschaft durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen (§ 2122 S. 2 BGB);
von der Verpflichtung, Schadensersatz nach § 2138 Abs. 2 BGB zu leisten.
 

Rz. 2

Die Befreiung von der Verpflichtung zur Tragung der gewöhnlichen Erhaltungskosten gem. § 2124 Abs. 1 BGB ist in § 2136 BGB nicht vorgesehen, sie ist jedoch sowohl in der Befreiung von der Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung gem. § 2130 BGB als auch in der Befreiung vom Verbot, Erbschaftsgegenstände für sich zu verwenden, enthalten.[2] Ergibt sich aus der letztwilligen Verfügung der Wille des Erblassers zu einer Befreiung über die Grenzen des § 2136 BGB hinaus, kann die Verfügung u.U. als Vollerbeinsetzung des Erstberufenen mit Vermächtnisbeschwerung zugunsten des Zweitberufenen oder – beim gemeinschaftlichen Testament – mit Schlusserbeinsetzung des Zweitberufenen gem. § 2269 BGB aufrechterhalten werden.[3]

[1] BGHZ 7, 274, 276.
[2] Staudinger/Avenarius, § 2136 Rn 10; Soergel/Harder-Wegmann, § 2136 Rn 3.
[3] Staudinger/Avenarius, § 2136 Rn 11; Soergel/Harder-Wegmann, § 2136 Rn 1.

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