Rz. 3
Die Anordnung einer Befreiung hat in einer letztwilligen Verfügung – nicht notwendig derselben, in der die Vor- und Nacherbschaft angeordnet ist – zu erfolgen. Eine ausdrückliche Erklärung oder bestimmte Ausdrucksweise ist nicht vorgeschrieben; insbesondere braucht der Erblasser die Worte "Befreiung" oder "befreite Vorerbschaft" nicht zu verwenden, wie bereits § 2137 BGB erhellt, wonach die Einsetzung des Nacherben auf den Überrest als eine umfassende Befreiung gilt. Erforderlich ist lediglich, dass der Befreiungswille in der letztwilligen Verfügung irgendwie, wenn auch nur versteckt oder andeutungsweise, zum Ausdruck kommt; insoweit gelten die allg. Grundsätze über die Auslegung letztwilliger Verfügungen. Ggf. können auch außerhalb der Verfügung liegende Umstände zu deren Auslegung herangezogen werden. Zweifel, ob eine Befreiung angeordnet ist, gehen zu Lasten dessen, der sich auf die Befreiung beruft.
Rz. 4
In der Rspr. haben sich einige Anhaltspunkte für die Auslegung herausgebildet: Die Einsetzung zum "Alleinerben" ("Universalerben", "Haupterben") beinhaltet noch keine Befreiung, denn auch der nicht befreite einzige Vorerbe ist Alleinerbe. Über die Verfügungsbefugnisse sagt dieser Begriff, dessen Gegensatz der Miterbe und nicht der Nacherbe ist, grds. nichts aus. Eine Befreiung folgt auch nicht ohne weiteres daraus, dass der Vorerbe hinsichtlich eines Teils des Nachlasses als Vollerbe eingesetzt ist, denn zwischen den beiden Erbteilen ist eine klare Differenzierung möglich; insbesondere kann der Vorerbe über den freien Erbteil verfügen und die hierzu gehörenden Gegenstände aussondern. Setzen kinderlose Ehegatten sich gegenseitig zu Vorerben und Verwandte oder Dritte zu Nacherben ein, kann aus der Kinderlosigkeit allein noch nicht auf eine Befreiung geschlossen werden; der zum Vorerben berufene überlebende Ehegatte kann jedoch dann stillschweigend befreit sein, wenn er erheblich zum Erwerb des hinterlassenen Vermögens beigetragen hat. Haben Ehegatten eine durch die Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten bedingte Nacherbfolge der Abkömmlinge angeordnet, ist im Zweifel von einer Befreiung auszugehen, weil der Überlebende bis zur Wiederverheiratung die Stellung eines unbeschränkten Erben haben soll. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einsetzung des überlebenden Ehegatten in einem gemeinschaftlichen oder in einem Einzeltestament erfolgt. Ist die Nacherbeinsetzung auflösend bedingt durch das Vorhandensein von Abkömmlingen des Vorerben, kann bei Fehlen entgegenstehender Umstände von einer Befreiung ausgegangen werden. Gleiches gilt, wenn der Erblasser dem Vorerben die Verfügung über ein Grundstück erlaubt, das den Hauptwert des Nachlasses ausmacht.