Gesetzestext
(1)Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem Eintritt der Nacherbfolge übrig sein wird, so gilt die Befreiung von allen in § 2136 bezeichneten Beschränkungen und Verpflichtungen als angeordnet.
(2)Das Gleiche ist im Zweifel anzunehmen, wenn der Erblasser bestimmt hat, dass der Vorerbe zur freien Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll.
A. Einsetzung auf den Überrest
Rz. 1
Nach Abs. 1 liegt in einer Nacherbeneinsetzung auf den Überrest die Pauschalbefreiung von allen in § 2136 BGB bezeichneten Beschränkungen und Verpflichtungen. Die wohl h.M. sieht in Abs. 1 eine Ergänzungsregel, die keine andere Auslegung zulässt. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Ein stichhaltiger Grund dafür, einem abweichenden Erblasserwillen den Vorrang zu versagen, ist nicht ersichtlich. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann die einfache Auslegung daher ergeben, dass der Erblasser mit der Einsetzung auf den Überrest keine vollständige Befreiung anordnen wollte. Trotz des apodiktischen Wortlauts ("gilt") enthält die Vorschrift des § 2137 BGB somit nur eine Auslegungsregel. Deren Anwendbarkeit hängt nicht davon ab, ob sich der Erblasser des genauen Gesetzeswortlauts bedient.
Rz. 2
Zwingende Voraussetzung für eine Anwendung von Abs. 1 ist, dass der Erblasser überhaupt eine Nacherbeinsetzung gewollt hat. Aus der Einsetzung auf den Überrest folgt dies nicht zwangsläufig. Darin kann auch die Anordnung einer Vollerbschaft des Erstbedachten und dessen Beschwerung mit einem bei seinem Tod fällig werdenden Vermächtnis liegen. Die letztwillige Verfügung unterliegt insoweit der freien Auslegung.
B. Freies Verfügungsrecht
Rz. 3
Eine Gesamtbefreiung ist nach Abs. 2 auch dann anzunehmen, wenn der Erblasser die Befugnis des Vorerben zur freien Verfügung über die Erbschaft angeordnet hat. Dies gilt jedoch nur "im Zweifel"; Abs. 2 enthält demgemäß bereits nach dem Wortlaut eine widerlegbare Auslegungsregel. Maßgebend ist jeweils der durch Auslegung zu ermittelnde Erblasserwille. Der Begriff "Verfügung" in Abs. 2 ist untechnisch zu verstehen, da ansonsten auch unentgeltliche Verfügungen hierunter fielen, die selbst dem von allen Beschränkungen und Verpflichtungen befreiten Vorerben nicht erlaubt sind. Wollte der Erblasser tatsächlich ein völlig freies, vor allem dinglich (§§ 2113 Abs. 2, 2114 BGB) und haftungsrechtlich (§ 2115 BGB) unbeschränktes Verfügungsrecht im technischen Sinne anordnen, liegt keine Vorerbschaft, sondern eine Vollerbschaft des zunächst Berufenen vor. Hat bspw. der Erblasser bestimmt, dass seine Ehefrau unter Lebenden und von Todes wegen frei über den Nachlass verfügen kann und andere Verwandte nur den Teil des Nachlasses erhalten sollen, über den die Ehefrau bis zu ihrem Tod auch nicht letztwillig verfügt hat, so ist die Ehefrau Vollerbin, während den Verwandten nur ein aufschiebend befristetes Vermächtnis zugewendet ist.
Andererseits kann die Auslegung ergeben, dass nur die Befreiung von den eigentlichen Verfügungsbeschränkungen (§§ 2113 Abs. 1, 2114 BGB) angeordnet ist. Ob sich der Erblasser des Gesetzeswortlauts bedient, ist wie auch bei Abs. 1 unbeachtlich.
Rz. 4
Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers für den Vorerben steht einer Anordnung gem. § 2137 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Diese Anordnung hat dann allerdings nur insoweit Bedeutung, als der Testamentsvollstrecker dem Nacherben Nachlassgegenstände gem. § 2217 BGB zur freien Verfügung überlässt oder die Testamentsvollstreckung infolge Ablehnung des Amts bzw. Kündigung nicht eingreift bzw. endet.
Rz. 5
Betreffend die Angaben in Grundbuch und Erbschein siehe § 2136 Rdn 13.