Rz. 7
Den Nacherben trifft eine selbstständige Inventarpflicht. Das vom Vorerben bereits errichtete Inventar, §§ 1993 ff. BGB, kommt ihm aber zustatten, Abs. 2. Der Nacherbe braucht also kein neues Inventar zu errichten und muss sich auch nicht ausdrücklich auf das vorliegende Inventar berufen. Voraussetzung ist allerdings, wie sich aus dem Wort "auch" ergibt, dass das Inventar des Vorerben diesem überhaupt grundsätzlich zustattenkommen konnte, also rechtzeitig, vollständig und formgerecht errichtet ist. Ist das Inventar vom Vorerben rechtzeitig errichtet worden, gilt auch zugunsten des Nacherben die Vollständigkeitsvermutung des § 2009 BGB. Zeigt sich, dass das Inventar unvollständig ist, kann dem Nacherben zur Ergänzung eine neue Inventarfrist gesetzt werden, § 2005 Abs. 2 BGB. Unvollständigkeit und Ergänzungspflicht können sich nur auf das zum Zeitpunkt des Erbfalls Vorhandene, nicht auf die Veränderungen des Nachlassbestands zwischen Erbfall und Nacherbfall beziehen. Erst recht können Veränderungen des Nachlassbestands nicht das Verlangen nach einem neuen Inventar rechtfertigen; andernfalls liefe § 2144 Abs. 2 BGB leer. Wird dem Nacherben dennoch – zu Unrecht – eine Inventarfrist gesetzt, so tritt die unbeschränkte Haftung auch dann nicht ein, wenn der Nacherbe gegen die Verfügung keine Beschwerde einlegt, denn die mit der anfechtbaren Verfügung auferlegte Inventarpflicht ist bereits erfüllt.
Rz. 8
Hat der Vorerbe kein bzw. kein wirksames Inventar errichtet, so kann dem Nacherben auf Antrag eines Nachlassgläubigers eine Inventarfrist gesetzt werden, § 1994 BGB. Das vom Nacherben zu errichtende Inventar hat das zur Zeit des Erbfalls Vorhandene und nicht das von dem Nacherben mit dem Nacherbfall Erlangte anzugeben. Dies kann zwar den Nacherben, der versäumt hat, sich rechtzeitig ein Nachlassverzeichnis gem. § 2121 BGB vorlegen zu lassen, vor erhebliche praktische Schwierigkeiten stellen, nur so ist jedoch den Gläubigern hinreichend gedient, denn andernfalls wissen sie nicht, welche Ansprüche dem Nacherben gegen den Vorerben in Bezug auf den Nachlass zustehen. Über Veränderungen des Nachlassbestands zwischen Erb- und Nacherbfall muss der Nacherbe gem. §§ 1978, 1991 BGB Auskunft erteilen. Der Nacherbe muss die eidesstattliche Versicherung abgeben, wenn der Vorerbe diese noch nicht abgegeben hat oder Anlass zur Annahme besteht, dass dem Nacherben weitere Nachlassgegenstände bekannt sind (§ 2006 Abs. 4 BGB).