Rz. 33
Auch das Vorausvermächtnis stellt einen Erwerb von Todes wegen dar (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Die Teilungsanordnung ist in erbschaftsteuerlicher Hinsicht dagegen unbeachtlich. Sie wird in § 3 ErbStG erst gar nicht genannt. Zwar führt auch die Teilungsanordnung zu einer Vermögenszuwendung, diese erfolgt jedoch in einem zweiten, vom eigentlichen Anfall der Erbschaft zu unterscheidenden Schritt. Denn sie stellt die Zuweisung einer bereits durch Erbfolge beim Begünstigten angefallenen Vermögenszuwendung – erster Schritt – dar. Der Erbanfall als solcher ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erbschaftsteuerlich berücksichtigt. Die Teilungsanordnung beeinflusst daher nicht die Steuerlastverteilung. Hat bspw. der Erblasser den Erben testamentarisch die Teilnahme an einer geschlossenen Versteigerung eines Nachlassgegenstandes eingeräumt, bei dem der Meistbietende den Zuschlag erhält, liegt eine erbschaftsteuerlich unerhebliche Teilungsanordnung vor. Die Abgrenzung, ob ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung vorliegt, richtet sich nach der zivilrechtlichen Betrachtungsweise.
Rz. 34
Von daher ist auch für die Erbschaftsbesteuerung die Abgrenzung zwischen einem Vorausvermächtnis und einer Teilungsanordnung von erheblicher Bedeutung.
Rz. 35
Liegt ein Vorausvermächtnis vor, ist zunächst sein steuerlicher Wert zu ermitteln. Dabei ist § 12 ErbStG maßgebend. Da das Vorausvermächtnis die Miterben in ihrer Gesamtheit belastet, ist es mit dem festgestellten Steuerwert vom gesamten Steuerwert des reinen Nachlasses abzuziehen. Es wird somit bei dem "überquotalen" Vorausvermächtnis der Nachlass, den alle Erben entsprechend ihrer Erbquote zu versteuern haben, gemindert, soweit der Wert die zugewiesenen Gegenstände übersteigt. Der Vermächtnisnehmer hat in Konsequenz dessen den Wert aus dem Vermächtnis und dem Erbteil zu versteuern. Der BFH geht davon aus, dass der Wert der Ausgleichsverpflichtung gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG bei den übrigen Miterben als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig ist. Die Abzugsfähigkeit besteht jeweils in der Höhe, in der den Miterben durch den durch die Teilungsanordnung begünstigten Miterben ein Ausgleich hätte gezahlt werden müssen, wenn ihn der Erblasser nicht durch das Vorausvermächtnis von einer Ausgleichspflicht befreit hätte. Der BFH führt dazu aus, dass der Erbe und Vorausvermächtnisnehmer nicht beschwert sei, da er den ihm zustehenden Anteil am Vermächtnisgegenstand bereits durch den Erbfall erhalten habe. Dieser Ansicht ist zu Recht die OFD München entgegengetreten: Geht der Nachlass auf eine Mehrheit von Erben über, wird er im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemeinschaftliches Eigentum der Erben (§§ 1922 Abs. 1, 2032 BGB). Der einzelne Miterbe kann nicht über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Dies gilt auch für den Gegenstand, der dem Vorausvermächtnisnehmer zu übertragen ist (§ 2049 Abs. 2 BGB). Gerade auch § 2150 BGB bestimmt, dass das einem Erben zugewendete Vorausvermächtnis insoweit als Vermächtnis "gilt", als es den Erben beschwert. Das Vermächtnis belastet somit den gesamten Nachlass und nicht nur gewisse Teile hiervon.
Rz. 36
Sofern Grundstücke und Gesellschaftsanteile durch Vermächtnis oder im Rahmen einer "überquotalen" Teilungsanordnung übergehen, ergeben sich erhebliche steuerliche Unterschiede zur Übertragung im Rahmen einer "echten" Teilungsanordnung. Der Erbe und (Voraus-)Vermächtnisnehmer kann hier sämtliche Bewertungsvorteile und Freibeträge ausschließlich für sich in Anspruch nehmen, während bei einer "echten" Teilungsanordnung der begünstigte Gegenstand anteilig auch den nicht durch die Teilungsanordnung bedachten Erben zugerechnet und somit für die Erbschaftsteuer relevant wird. Die Bewertungsvorteile kommen in diesem Fall allen Erben gemeinschaftlich zugute, während den Gegenstand nur einer von ihnen erhält.
Rz. 37
Der festgestellte Wert des Vorausvermächtnisses ist sodann dem quotalen Erbteil des mit dem Vorausvermächtnis begünstigten Erben zuzurechnen. Der so ermittelte Erbschaftsteuerwert ist dann der individuellen Besteuerung des Erben und Vorausvermächtnisnehmers zu unterwerfen.