Gesetzestext
1Ein Vermächtnis bleibt, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, wirksam, wenn der Beschwerte nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. 2Beschwert ist in diesem Fall derjenige, welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zustatten kommt.
A. Allgemeines/Systematische Einordnung
Rz. 1
Die Regelung in § 2161 BGB stellt eine Ausprägung des § 2085 BGB (teilweise Unwirksamkeit) dar. Wenn der Beschwerte nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird, bleibt das Vermächtnis i.d.R. wirksam. Beschwert ist dann grundsätzlich derjenige, dem der Wegfall des zunächst Beschwerten unmittelbar zugutekommt. Die Vermächtnisanordnung bleibt somit wirksam, auch wenn die Erbeinsetzung in dem Testament, in dem das Vermächtnis angeordnet wurde, in einem späteren Testament geändert wurde. Weitere Beispielsfälle sind, dass der mit dem Vermächtnis beschwerte Erbe die Erbschaft ausschlägt und der Vermächtnisnehmer als Ersatzerbe oder gesetzlicher Erbe mit dem Vermächtnis (Vorausvermächtnis, § 2150 BGB) beschwert ist. Das Vermächtnis wird dann zum Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB).
B. Tatbestand
I. Beschwerter
Rz. 2
Dem Vermächtnis ist die Begünstigung des Vermächtnisnehmers immanent. Damit tritt die Frage nach der Person, die das Vermächtnis zu erfüllen hat, in den Hintergrund. Das Vermächtnis ist somit grundsätzlich unabhängig von der Zuwendung an den Beschwerten.
Rz. 3
Aus welchem Grund der zunächst Beschwerte als solcher berufen war (von Gesetzes wegen, Verfügung von Todes wegen) und ob er Erbe oder Vermächtnisnehmer war, ist für die Anwendung des § 2161 BGB unerheblich. Der Beschwerte muss sodann "wegfallen". Dabei ist es unerheblich, ob dieses durch Ausschlagung, Erbunwürdigkeit, Vorversterben (vor Anfall des Vermächtnisses) oder Widerruf einer ursprünglichen Erbeinsetzung erfolgt. "Wegfall" des zunächst Beschwerten ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen. Wird der Bedachte Erbe, bleibt grundsätzlich das Vermächtnis als Vorausvermächtnis erhalten.
Rz. 4
Ein anderer Wille des Erblassers kann dazu führen, dass das Vermächtnis mit dem Wegfall des Beschwerten unwirksam sein soll (S. 1). Ein derartiger Wille des Erblassers ist anzunehmen, wenn der Erblasser ausschließlich den weggefallenen Beschwerten persönlich beschweren wollte. Dieser Wille kann sich insbesondere aus dem Inhalt des Vermächtnisses ergeben, wenn bspw. Dienst- oder Werkleistungen geschuldet werden, die der Beschwerte ausschließlich oder in besonders qualifizierter Weise erbringen konnte.
II. Ersatzbeschwerter
Rz. 5
Das Vermächtnis bleibt wirksam, auch wenn der Beschwerte nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. Es beschwert dann nach S. 2 denjenigen, dem der Wegfall des zunächst Beschwerten zugutekommt.
C. Rechtsfolgen
I. Tatbestandserfüllung
Rz. 6
Die Rechtsfolgen ergeben sich aus S. 2: Das Vermächtnis bleibt wirksam und beschwert denjenigen, dem der Wegfall des zunächst Bedachten zugutekommt.
Rz. 7
Beschwert ist demnach der nächstfolgende gesetzliche Erbe, wenn der eingesetzte Erbe wegfällt; an die Stelle des eingesetzten Erben tritt der Ersatzerbe, der anwachsungsberechtigte Miterbe oder der gesetzliche Erbe; die Stelle des vom Erblasser durch frühere Verfügung eingesetzten Erben übernimmt der durch spätere Verfügung eingesetzte Erbe; der Ersatzvermächtnisnehmer oder anwachsungsberechtigte Mitvermächtnisnehmer tritt an die Stelle des Hauptvermächtnisnehmers; der Erbe tritt an die Stelle des Hauptvermächtnisnehmers, wenn das Hauptvermächtnis bspw. durch Wegfall des Vermächtnisnehmers unwirksam wird (§ 2160 BGB).
II. Querverweise
Rz. 8
Bei Auflagen findet § 2161 BGB entsprechende Anwendung (§ 2192 BGB).
D. Verfahrensfragen
Rz. 9
Die Beweis- und Darlegungslast für einen von § 2161 BGB abweichenden Erblasserwillen trägt derjenige, der sich darauf beruft.