Rz. 2
Gegenstand eines wirksamen Vermächtnisses ist grundsätzlich nur ein bestimmter Gegenstand, der zur Zeit des Erbfalls zur Erbschaft gehört; es muss sich somit um ein Stückvermächtnis handeln. Dies gilt auch, wenn das Stückvermächtnis Gegenstand eines Wahlvermächtnisses ist. Abs. 1 ist auch auf das beschränkte Gattungsvermächtnis anwendbar, wenn eine der Gattung entsprechende Sache sich im Nachlass befindet. Einem "Gegenstand" i.S.d. § 2169 BGB ist auch ein an ihm noch zu bestellendes Recht gleichgestellt. Dies gilt insbesondere für das vermachte Recht, den Gegenstand zu erwerben. Der Inbegriff von Gegenständen kann von § 2169 BGB erfasst sein, sofern die Auslegung ergibt, dass der Erblasser sie als "Gegenstand" vermacht sehen wollte. Die Bestimmung des § 2169 BGB findet daher anerkanntermaßen auch dann Anwendung, wenn nicht ein Gegenstand, sondern andere Rechte vermacht werden. Naheliegend ist daher ein Verschaffungsvermächtnis, wenn der vermachte Gegenstand zwar rechtlich nicht zum Nachlass gehört, aber wirtschaftlich in ihm enthalten ist.
Rz. 3
Nicht unter § 2169 BGB fallen persönliche Handlungen (Dienstleistungen) des Beschwerten, seine Arbeitskraft, seine Entschlussfreiheit oder seine persönliche Haftung. Das bedeutet aber nicht, dass dem Beschwerten durch ein Vermächtnis nicht Dienste – gewisse Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen – auferlegt werden können. Auch die Zuwendung einer Erbschaft fällt unter § 2169 BGB. Hier geht es letztlich um die Frage, ob bei einem derartigen Vermächtnis der Bestand der Erbschaft im Zeitpunkt des Erbfalls gemeint ist, das, was zur Zeit der Testamentserrichtung vorhanden war, oder nur das, was der Erblasser selbst hinterlassen hat. Letzteres ist wohl anzunehmen und stellt damit ein Problem i.R.d. § 2164 Abs. 1 BGB dar.
Rz. 4
Soll nach dem Vermächtnis ein Recht an einem Gegenstand für den Vermächtnisnehmer neu begründet werden, ist § 2169 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Zugehörigkeit des Gegenstandes zum Nachlass abzustellen ist. Es kommt dann darauf an, dass der Gegenstand auch zur Erbschaft gehört. Entsprechendes gilt bei einem Vermächtnis, das ein Recht auf einen bestimmten Gegenstand vermittelt. Sofern dieses Recht dem Erblasser bereits zustand, ist Abs. 3 einschlägig. Ist das Recht dagegen erst noch neu zu begründen, kommt Abs. 1 zur Anwendung.
Rz. 5
Unwirksam ist das Vermächtnis, wenn der bestimmte Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört. Der Zeitpunkt der Anordnung oder der Anfall des Vermächtnisses ist ohne Bedeutung. Ferner spielt es auch keine Rolle, ob der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses erst erworben wurde. Entscheidend ist, dass der Gegenstand zur Erbschaft gehört (vorbehaltlich Abs. 4). Sofern es um ein Grundstück geht, ist es ausreichend, dass die Auflassung erklärt wurde.
Rz. 6
Hat der Erblasser in seinem Testament eine Lebensversicherung an einen nach dem Versicherungsvertrag nicht Bezugsberechtigten vermacht, fällt sie nicht in den Nachlass. In diesem Fall kann jedoch ein Verschaffungsvermächtnis gegeben sein. Entsprechendes gilt hinsichtlich einer Hinterbliebenenrente. Auch sie befindet sich zu keinem Zeitpunkt im Vermögen des Erblassers, da sie erst nach dessen Tod direkt in der Person des Hinterbliebenen entsteht. Hat der Erblasser die Hinterbliebenenrente vermächtnisweise einem Dritten vermacht, kann auch in dieser Anordnung ein Verschaffungsvermächtnis gesehen werden.
Rz. 7
Ist der Erblasser an Gegenständen beteiligt, die zu einem Gesamthandsvermögen gehören (Gesellschaftsvermögen bei Personengesellschaft, Erbengemeinschaft, Gesamtgut bei Gütergemeinschaft), fallen diese weder insgesamt noch entsprechend ihrer Beteiligungsquote in den Nachlass. Hat bspw. der überlebende Ehegatte einer fortgesetzten Gütergemeinschaft ein zum Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft gehörendes Grundstück vermacht, ist ein nicht zur Erbschaft gehörender Gegenstand betroffen. Der überlebende Ehegatte ist nicht Alleineigentümer des vermachten Grundstücks. Er ist Teilhaber am Gesamtgut, sodass in seinen Nachlass nicht das Eigentum am gesamtgutverhafteten Grundstück, sondern nur der Anteil am Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft fällt. Es kann jedoch in dem nach § 2169 BGB unwirksamen Vermächtnis über den Anteil an einem Gegenstand des Gesamthandsvermögens ein Verschaffungsvermächtnis an dem zum Gesamtgut gehörenden Grundstück liegen.
Rz. 8
Vermachte der Erblasser einen ideellen Bruchteil, ist das Vermächtnis grundsätzlich wirksam. Unwirksam ist das Vermächtnis nur insoweit, als der Gegenstand nicht zum Nachlass gehört (§ 2085 BGB). In dem Vermächtnis könnte aber auch ein Verschaffungsvermächtnis (§ 2170 BGB) gesehen werden.
Rz. 9
Nach Abs. 4 (Ausnahmeregelung) gehört ein Gegenstand dann nicht mehr zur Erbschaft, wenn der Erblasser zu dessen Veräußerung verpflichtet ist. Die dingliche Betrachtungsweise tritt in diesen Fällen hinter der wirt...