Rz. 13
Nach Abs. 1 ist ein Vermächtnis unwirksam, soweit der Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört. Diese Rechtsfolge relativiert sich, soweit der Erblasser einen Anspruch auf Leistung oder Ersatz des Wertes der Sache hat. Im Zweifel sollen diese Ansprüche dann vermacht sein (Abs. 3). In bestimmten Fällen kann neben den Anspruch aus Abs. 3 der Anspruch auf Verschaffung des Besitzes nach Abs. 2 treten (sicherungsübereignete Sache). Abs. 3 enthält jedoch keine allgemeine Surrogationsregel.
Rz. 14
Der Leistungsanspruch steht dem Bedachten so zu, wie er dem Erblasser zustand. Wird im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt, dass ein Grundstücksanteil der Ehefrau auf den Erblasser, der Miteigentümer ist, überführt werden soll und der Erblasser das Grundstück bereits im Rahmen eines Grundstücksvermächtnisses einem Bedachten zuzuwenden ist, ist davon auszugehen, dass der Erblasser einen Anspruch auf Leistung des vermachten Gegenstandes vermacht hat (§ 2169 Abs. 3 BGB).
Sofern sich der Leistungsanspruch gegen den Bedachten selbst richtet, liegt ein Befreiungsvermächtnis (vgl. § 2173 Rdn 8) vor.
Praxisrelevant ist die Frage, ob der Veräußerungserlös des vermachten Gegenstandes an dessen Stelle tritt. Im Falle einer entgeltlichen Übertragung des Vermächtnisgegenstandes vor dem Erbfall tritt weder der Kaufpreiszahlungsanspruch noch der Veräußerungserlös an die Stelle des vermachten Gegenstandes. Auch auf die freiwillige Veräußerung des Vermächtnisgegenstandes durch den Erblasser ist Abs. 3 nicht analog anwendbar. Etwas anderes kann sich jedoch aus dem Erblasserwillen (Testamentsauslegung) ergeben. Dafür, dass der Veräußerungserlös vermacht sein soll, spricht, wenn der Vermächtniszweck in erster Linie auf die Zuwendung eines wirtschaftlichen Wertes abzielt und der vermachte Gegenstand nur eines von mehreren möglichen Mitteln ist, das der Verwirklichung der Absicht dient. Man spricht dann von einem Wertersatzvermächtnis.
Rz. 15
Der Wertersatz gilt im Zweifel als Anspruch vermacht, wenn der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses untergegangen oder dem Erblasser entzogen worden ist. Entsprechendes gilt, wenn der Anspruch vor Anordnung des Vermächtnisses bereits entstanden war, der Erblasser hiervon jedoch keine Kenntnis hatte. Für den Fall, dass er Kenntnis von den Wertersatzansprüchen hatte, kommen die §§ 2171, 2172 BGB zur Anwendung. Wurde bereits Wertersatz an den Erblasser geleistet, ist § 2173 BGB einschlägig. Ist die Sache weder untergegangen noch dem Erblasser entzogen, aber beschädigt, ergeben sich die Ansprüche aus § 2164 Abs. 2 BGB. Auf einen Kaufpreisanspruch aus dem Verkauf des Vermächtnisgegenstandes findet Abs. 3 keine Anwendung.