Gesetzestext
(1)Die Leistung einer vermachten Sache gilt auch dann als unmöglich, wenn die Sache mit einer anderen Sache in solcher Weise verbunden, vermischt oder vermengt worden ist, dass nach den §§ 946 bis 948 das Eigentum an der anderen Sache sich auf sie erstreckt oder Miteigentum eingetreten ist, oder wenn sie in solcher Weise verarbeitet oder umgebildet worden ist, dass nach § 950 derjenige, welcher die neue Sache hergestellt hat, Eigentümer geworden ist.
(2)1Ist die Verbindung, Vermischung oder Vermengung durch einen anderen als den Erblasser erfolgt und hat der Erblasser dadurch Miteigentum erworben, so gilt im Zweifel das Miteigentum als vermacht; steht dem Erblasser ein Recht zur Wegnahme der verbundenen Sache zu, so gilt im Zweifel dieses Recht als vermacht. 2Im Falle der Verarbeitung oder Umbildung durch einen anderen als den Erblasser bewendet es bei der Vorschrift des § 2169 Abs. 3.
A. Allgemeines/Normzweck
Rz. 1
Die Vorschrift ergänzt § 2171 BGB hinsichtlich der Verbindung, der Vermischung und der Vermengung des vermachten Gegenstandes. Nach Abs. 1 ist die Leistung einer vermachten Sache unmöglich, wenn durch Verbindung (§§ 946, 947 BGB), durch Vermischung und Vermengung (§ 948 BGB) das Eigentum an der anderen Sache sich auf die vermachte Sache erstreckt oder wenn Miteigentum entstanden ist oder durch Verarbeitung (§ 950 BGB) derjenige, der die neue Sache hergestellt hat, Eigentümer wurde. Abs. 2 stellt eine Auslegungsregel dar, nach der bei Verbindung, Vermischung oder Vermengung durch einen Dritten davon auszugehen ist, dass dem Bedachten die hier genannten Surrogate vermacht sind.
B. Tatbestand
I. Anwendungsbereich
Rz. 2
Der Anwendungsbereich des § 2172 BGB setzt voraus, dass die Verbindung, Vermischung oder Vermengung zu einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse an der vermachten Sache geführt hat. Keine Anwendung findet daher die Vorschrift, wenn die vermachte Sache ein Grundstück (§ 946 BGB) ist, das Vermächtnis selbst die Hauptsache darstellt (§§ 947 Abs. 2, 948 Abs. 1 BGB) oder der Wert der Verarbeitung oder Umbildung des Vermächtnisgegenstandes erheblich geringer ist als dessen Wert (§ 950 Abs. 1 BGB).
Rz. 3
Durch wen die Änderung der Eigentumsverhältnisse herbeigeführt wurde, also auch bspw. durch den Erblasser selbst, spielt für die Frage der Unmöglichkeit keine Rolle.
Rz. 4
In zeitlicher Hinsicht ist § 2172 BGB nur bis zum Erbfall anwendbar. Spätere Änderungen in den Eigentumsverhältnissen durch Verbindung, Vermischung etc. können zu Ansprüchen des Bedachten nach den §§ 280, 281, 286, 287 BGB führen.
II. Rechtsfolgen
Rz. 5
Liegt ein Eigentumsverlust durch Verbindung, Vermischung oder Vermengung der vermachten Sache vor, verweist Abs. 1 auf § 2171 BGB: Das Vermächtnis ist unwirksam. Ggf. kann an der neuen Sache Alleineigentum (§§ 947 Abs. 2, 948 BGB) oder Miteigentum (§§ 947 Abs. 1, 948 BGB) bei dem Erblasser entstehen. Durch Auslegung kann sich ergeben, dass der Erblasser in entsprechender Anwendung von Abs. 2 sein Eigentum/seinen Miteigentumsanteil an den einheitlichen Sachen vermachen wollte.
III. Ausnahme
Rz. 6
Abs. 2 der Vorschrift legt eine Ausnahmeregelung für den Fall vor, dass ein anderer als der Erblasser ohne dessen Willen die Verbindung, Vermischung etc. vorgenommen hat. In diesen Fällen gilt im Zweifel das Miteigentum als vermacht. Dies gilt entsprechend, wenn die andere Sache, mit der die vermachte Sache verbunden oder vermischt wurde, auch dem Erblasser gehörte und dieser insoweit Alleineigentümer der Sache wurde.
Rz. 7
Hat der Erblasser selbst die Verbindung, Vermischung etc. vorgenommen, ist Abs. 2 nicht anwendbar. Es kann sich jedoch durch Auslegung ergeben, dass bspw. dem Bedachten ein Wertersatzanspruch, Wegnahmerecht oder Miteigentumsanteil vermacht sein soll.
C. Verfahrensfragen/Beweislast
Rz. 8
Abs. 2 stellt eine Auslegungsregel dar. Derjenige, der diese Regel nicht gegen sich gelten lassen will, trägt die Beweislast dafür, dass der Erblasser etwas anderes gewollt hat, als sich nach der Auslegungsregel ergibt.