I. Erbfall
Rz. 2
Nach § 2176 BGB fällt das Vermächtnis i.d.R. mit dem Erbfall oder dem Tod des Erblassers an. Es kommt auch nicht darauf an, dass der Bedachte das Vermächtnis angenommen hat (Prinzip des Vonselbsterwerbs). Nach § 2160 BGB kann das Vermächtnis mit dem Tod des Erblassers nur dann anfallen, wenn der Bedachte zur Zeit des Erbfalls noch lebt oder für den Fall dessen Vorversterbens eine Ersatzberufung vorgesehen ist oder es eventuell zu einer Anwachsung kommt.
Rz. 3
Ist der Vermächtnisnehmer im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht geboren, so fällt das Vermächtnis mit der Geburt und nicht mit Rückwirkung auf den Erbfall an. War der Bedachte im Zeitpunkt des Erbfalls gezeugt, findet § 1923 Abs. 2 BGB Anwendung, der auch für Vermächtnisse gilt. Es sind daher die Rechtswirkungen des Vermächtnisanfalls auf den Erbfall zurückzubeziehen. Der Bedachte kann somit vom Erbfall an das verlangen, was sich aus seinem mit dem Erbfall entstandenen Vermächtnisanspruch ergibt, z.B. § 2184 BGB.
II. Fälligkeit
Rz. 4
Der Anfall des Vermächtnisses ist von dessen Fälligkeit zu unterscheiden. § 2176 BGB regelt den Anfall des Vermächtnisses, nicht aber dessen Fälligkeit. Sofern der Erblasser keine Regelung getroffen hat, ist das Vermächtnis grundsätzlich nach § 271 Abs. 1 BGB mit dem Anfall des Vermächtnisses fällig. Vom Grundsatz her kann der Vermächtnisnehmer die Leistung jedoch sofort verlangen. Bis zum Ablauf von drei Monaten hat der Beschwerte die Möglichkeit, die Einrede nach § 2014 BGB – mit den prozessualen Folgen aus §§ 305 Abs. 1, 782 ZPO – zu erheben. Nach § 1958 BGB ist eine gerichtliche Geltendmachung des Vermächtnisses vor Annahme der Erbschaft unzulässig. Ein Untervermächtnis ist erst dann fällig, wenn der Hauptvermächtnisnehmer berechtigt ist, die Erfüllung des ihm zugewendeten Vermächtnisses zu verlangen (§ 2186 BGB). Handelt es sich bei der Zuwendung um ein Rentenvermächtnis, fällt dieses einheitlich an.
Rz. 5
Dem Erblasser steht es frei, die Fälligkeit individuell anzuordnen. Er kann die Fälligkeit auch in das freie Belieben des Beschwerten stellen (§ 2181 BGB); im Zweifel wird das Vermächtnis dann mit dem Tod des Beschwerten fällig. Steht das Vermächtnis unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter der Bestimmung eines Anfangstermins, so fällt das Vermächtnis erst mit Eintritt der Bedingung oder des Termins an, wenn die Bedingung oder der Termin erst nach dem Erbfall eintritt (§ 2177 BGB). Ordnete der Erblasser an, der vermachte Betrag sei erst zu zahlen, wenn ein Nachlassgegenstand verkauft ist, liegt eine Stundung vor. Hat der Erblasser einen Nacherben mit einem Nachvermächtnis (§§ 2177, 2191 BGB) beschwert, ist dies ein Fall des § 2177 BGB. Liegt ein Untervermächtnis vor, fällt dieses mit dem Erbfall an, sofern es sich nicht um einen Fall nach den §§ 2177, 2178 BGB handelt. Im Fall der vorweggenommenen Hoferbfolge setzt der BGH diese mit dem Erbfall gleich.
Die alleinige Anordnung von Testamentsvollstreckung soll dagegen noch keine Verschiebung der Fälligkeit rechtfertigen. Wird ein "betagtes" Vermächtnis vorzeitig erfüllt, ist die Rückforderung ausgeschlossen und die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden (§ 813 Abs. 2 BGB).
III. Wertverhältnisse
Rz. 6
Die Entstehung und Fälligkeit des Vermächtnisanspruches können auseinanderfallen. Es stellt sich dann die Frage, welcher Zeitpunkt für die Wertberechnung maßgebend ist. Ist die Höhe des Vermächtnisanspruchs nach dem Wert eines Bruchteils des Nachlasses bestimmt, ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erbanfalls maßgebend. Nach einer Geldentwertung ist für die Bewertung des Bruchteils auf den Zeitpunkt der Tilgung abzustellen, wenn der Bedachte nach dem Willen des Erblassers den Wert eines bestimmten Teils des Nachlasses erhalten sollte. Im Übrigen ist durch Auslegung der Wille des Erblassers zu bestimmen.
IV. Ausschlagung des Vermächtnisses
Rz. 7
Vgl. hierzu die Ausführungen zu § 2180 BGB.