I. Aufschiebende Bedingung
Rz. 2
Dem Erblasser steht es frei, ein Vermächtnis unter eine aufschiebende Bedingung zu stellen. Ob der Erblasser eine aufschiebende Bedingung gewollt hat, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Damit das unter der aufschiebenden Bedingung gewährte Vermächtnis zum Tragen kommt, muss der Bedachte im Zweifel den Erbfall und Eintritt der Bedingung erleben (§§ 2074, 2160 BGB), sofern sich aus § 2069 BGB nichts anderes ergibt. Im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Vermächtnisses sind zudem die zeitlichen Grenzen nach §§ 2162, 2163 BGB zu beachten: Tritt die aufschiebende Bedingung oder der Anfangstermin nicht innerhalb der gesetzlichen Grenzen nach §§ 2161, 2163 BGB ein, ist es unwirksam. Zulässig ist es, dass der Erblasser den Anfall des Vermächtnisses an ein bestimmtes Verhalten des Bedachten knüpft (Potestativbedingung). Macht bspw. der Erblasser den Anfall des Vermächtnisses im Sinne einer Belohnung davon abhängig, dass der Bedachte innerhalb einer bestimmten Frist einen von ihm angestrebten Erfolg herbeiführen soll, spricht dies für ein Vermächtnis unter einer aufschiebenden Bedingung. Grundsätzlich sind auch kaptatorische Verfügungen zulässig, nach denen der Bedachte das Vermächtnis unter der Bedingung erhält, in einer vorgegebenen Weise zu testieren. Die Grenze zu unzulässigen Potestativbedingungen und kaptatorischen Verfügungen dürfte bei sittenwidrigen Regelungen überschritten sein.
Rz. 3
Der Bedachte erhält mit dem Erbfall eine Anwartschaft (§§ 160 ff., 2179 BGB; diese ist jedoch nicht vererblich, wenn der Bedachte vor Bedingungseintritt verstirbt.
Sofern der Erblasser einen Abkömmling mit einem Vermächtnis unter aufschiebender Bedingung bedacht hat und dieser nach dem Erbfall, aber vor Bedingungseintritt verstorben ist, sind im Zweifel dessen Abkömmlinge nach § 2069 BGB Ersatzvermächtnisnehmer.
Rz. 4
Der Erblasser kann für das Entstehen des Vermächtnisanspruchs auch einen Anfangstermin setzen: "Fünf Jahre nach meinem Tode erhält X meinen Konzertflügel." Mit dem Eintritt des Termins, eine aufschiebende Befristung, fällt dann das Vermächtnis an (§§ 158 Abs. 1, 163, 2179 BGB). Hier erhält der Bedachte – der den Eintritt des Termins nicht zu erleben braucht – bereits mit dem Erbfall ein vererbliches Anwartschaftsrecht (§§ 160 ff., 2179 BGB), da § 2074 BGB nicht anwendbar ist, sofern der Erblasser keine andere Bestimmung getroffen hat.
Rz. 5
§ 2177 BGB ist auch anwendbar, wenn ein Nacherbe mit dem Vermächtnis beschwert wurde. Das Vermächtnis entsteht dann erst mit dem Nacherbfall. Sofern der Nacherbe schon vorher sein Anwartschaftsrecht dem Vorerben überträgt, wird ein Vermächtnis, das an den Nacherbfall anknüpft, nicht fällig Überträgt dagegen der Vorerbe vor dem Nacherbfall dem Nacherben den Nachlass durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, wird das Vermächtnis fällig.
Rz. 6
Das Vermächtnis fällt mit dem Eintritt der Bedingung an. Diesen Zeitpunkt bestimmt der Erblasser. Kann das mit der Bedingung angestrebte Ziel nicht mehr erreicht werden, die Bedingung ist ausgefallen, endet ebenfalls der Schwebezustand nach § 2179 BGB.
II. Befristung
Rz. 7
Das aufschiebend befristete Vermächtnis fällt nicht mit dem Erbfall an, sondern entsteht erst mit dem Eintritt des von dem Erblasser bestimmten Termins. Die Befristung grenzt sich von der Bedingung dadurch ab, dass sie eine vertragliche Bestimmung ist, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem gewissen zukünftigen Ereignis abhängig macht. Dabei kann das Vermächtnis sowohl unter einer aufschiebenden Befristung (§§ 163, 158 Abs. 1 BGB) als auch unter einer auflösenden Befristung (§§ 163,158 Abs. 2 BGB) angeordnet sein. Dabei kommt § 2074 BGB nicht zur Anwendung, was zur Folge hat, dass grundsätzlich der Bedachte mit dem Erbfall eine vererbliche Anwartschaft erwirbt. Es kommt nicht zu einem Vermächtnisanfall, wenn sich bspw. durch Auslegung ergibt, dass der Bedachte den Anfangstermin erleben muss.
III. Auflösende Bedingung
Rz. 8
Dem Erblasser steht es frei anzuordnen, das...