Rz. 10
Grundsätzlich gelten die Ausführungen zur Annahme des Vermächtnisses auch hinsichtlich der Annahme des Vermächtnisses. Die Ausschlagung des Vermächtnisses ist im Gegensatz zu Erbausschlagung (§§ 1943, 1944 BGB) keinen Fristen unterworfen. Es gibt jedoch gewisse Besonderheiten bei der Ausschlagung eines Vermächtnisses:
Rz. 11
Sind mehrere mit einem Vermächtnis beschwert, genügt die Erklärung gegenüber einem Beschwerten. Fällt das Vermächtnis bei einem Kind an, bedarf die Ausschlagung des Vermächtnisses durch die Eltern der Genehmigung des Familiengerichts (§ 1643 Abs. 2 i.V.m. § 1822 Nr. 2 BGB). Die Genehmigung des Familiengerichts ist entbehrlich, wenn das Kind zum Vermächtnisnehmer wurde, weil ein Elternteil das Vermächtnis zuvor ausgeschlagen hat (§ 1643 Abs. 2 S. 2 BGB). Ist das Vermächtnis durch den Betreuer im Namen des Betreuten auszuschlagen, bedarf er stets der Genehmigung des Familiengerichts (§§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1822 Nr. 2 BGB).
Rz. 12
Das Recht zur Ausschlagung des Vermächtnisnehmers ist auch vererblich (Abs. 3, § 1952 Abs. 1 BGB). Bei mehreren Erben kann jeder den seinen Erbteil entsprechenden Anteil am Vermächtnis ausschlagen. Sofern nicht alle Erben ausschlagen, dürfte es dem Erblasserwillen in der Regel entsprechen, dass es zu einer Anwachsung (§ 2158 BGB) unter den übrigen Erben kommt.
Rz. 13
Bei Ausschlagung durch einen pflichtteilsberechtigten Bedachten sind Besonderheiten zu beachten: §§ 2307, 2308 BGB. Das Ausschlagungsrecht des pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmers nach § 2307 BGB ist ebenfalls erblich und nicht fristgebunden. Fordert der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil, kann in diesem Verlangen eine Ausschlagung des Vermächtnisses gesehen werden, wenn der Pflichtteilsschuldner zugleich auch mit dem Vermächtnis beschwert ist. Macht der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteilsanspruch geltend, stellt dies keine stillschweigende Ausschlagung dar, wenn er keine Kenntnis von dem Vermächtnis hat oder nicht weiß, dass er dieses neben seinen Pflichtteil fordern kann. Hat der Pflichtteilsberechtigte das ihm zugewandte Vermächtnis ausgeschlagen, gilt es an ihn als nicht erteilt (Abs. 3, § 1953 Abs. 1 BGB). Er kann somit den uneingeschränkten Pflichtteil verlangen (§ 2307 Abs. 1 BGB). In diesem Fall hat derjenige, dem die Ausschlagung des Vermächtnisses zustattenkommt, im Verhältnis der Erben und Vermächtnisnehmer zueinander die Pflichtteilslast i.H.d. erlangten Vorteils zu tragen (§ 2321 BGB).