Rz. 8
Regelungsinhalt des Nachvermächtnisses ist, dass ein zunächst einem anderen (nämlich dem Vorvermächtnisnehmer) vermachter Gegenstand von einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis an einem Dritten (Nachvermächtnisnehmer) zugewendet ist. Der vermachte Gegenstand ist somit bei dem Vorvermächtnisnehmer und dem Nachvermächtnisnehmer identisch. An die erforderliche Identität sind aber keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Bei einem Sachinbegriff (§ 92 Abs. 2 BGB), wie bspw. Warenlager, Bibliothek, Hausrat, Sammlung etc., ist eine völlige Identität nicht nötig. Eine Zugehörigkeit zum selben Sachinbegriff ist ausreichend. Bei einem Nachvermächtnis über eine Geldsumme ist die Identität gewahrt, wenn im Nachvermächtnis eine gleichhohe Summe zugewendet wird. Ein Nachvermächtnis, das auf den "Rest", d.h. auf das, was vom Vorvermächtnis beim Anfall des Nachvermächtnisses noch vorhanden ist, gerichtet ist, ist für die Identität des Nachvermächtnisses ausreichend.
Rz. 9
Das Nießbrauchsrecht kommt nicht als Gegenstand eines Nachvermächtnisses in Betracht. Dies ergibt sich daraus, dass das Nießbrauchsrecht ein nicht übertragbares, an die Lebzeit des Nießbrauchers gebundenes Recht ist (§§ 1059, 1061 BGB). Es kommt aber einer Neubestellung eines Nießbrauchs für den zweiten Vermächtnisnehmer in Betracht. Dabei ist der zeitliche Rahmen des § 2162 BGB zu beachten. § 2163 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist hier weder direkt noch analog den Zeitraum verlängernd anwendbar; beschwert ist nicht der Vorvermächtnisnehmer, sondern der Erbe. Im Zweifel umfasst das Nachvermächtnis auch einen Vermächtnisanteil, der dem Vorvermächtnisnehmer durch Wegfall eines Mitvermächtnisnehmers (Abs. 2 i.V.m. § 2110 Abs. 1 BGB) oder aufgrund eines Ersatzvermächtnisses (§ 2190 BGB) anfällt.