Rz. 11

Während der Schwebezeit bis zum Anfall des Vermächtnisses beim Nachvermächtnisnehmer hat dieser eine über die §§ 160 Abs. 1, 2177, 2179 BGB geschützte Anwartschaft.[23] Der Nachvermächtnisnehmer hat aber kein dem Erben vergleichbares Anwartschaftsrecht (bspw. § 2111 BGB).[24] Es besteht kein Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 2128 BGB oder die Möglichkeit der Eintragung eines Nacherbenvermerks nach § 51 GBO.[25] Diese Stellung des Nachvermächtnisnehmers ist grundsätzlich – sofern § 2074 BGB nicht entgegensteht – übertragbar, verpfändbar und auch vererblich – soweit dem nicht § 2074 BGB entgegensteht.[26] Ist die Anwartschaft des Nachvermächtnisnehmers gefährdet, kann er durch Arrest oder einstweilige Verfügung nach §§ 916 Abs. 2, 935, 936 ZPO Schutz verlangen.[27]

Sofern ein Grundstück Gegenstand des Vermächtnisses ist, kann der Nachvermächtnisnehmer eine Vormerkung nach Eintritt des Erbfalls und Eintragung des Vorvermächtnisnehmers im Grundbuch zur Sicherung seines Anspruchs eintragen lassen (§ 39 GBO).[28] Der Anspruch auf Bewilligung einer Vormerkung kann sich jedoch nur aus dem Testament ergeben, sodass die Vermächtnisanordnung für sich alleine nicht ausreichend ist.[29] Eine Sicherung durch eine Vormerkung zugunsten des Nachvermächtnisnehmers ist auch dann möglich, wenn der Vorvermächtnisnehmer im Grundbuch eingetragen ist.[30] Der Wille des Erblassers ist daher auszulegen. Setzt der Erblasser eine Person nur "zu Lebzeiten" ein und bestimmt für den Fall deren Vorversterbens deren Söhne zu Vermächtnisnehmern, liegt eine zeitliche Einschränkung vor, nicht aber eine konkludente Nachvermächtnisanordnung zugunsten der Söhne.[31] Ergibt sich der Anspruch auf Bewilligung nicht bereits aus dem Testament, ist Raum für eine einstweilige Verfügung aus der Anordnung des Nachvermächtnisses, weil ein Verfügungsgrund nach § 885 Abs. 1 S. 2 BGB nicht erforderlich ist.[32]

[23] MüKo/Rudy, § 2191 Rn 6; Palandt/Weidlich, § 2191 Rn 2 und 2179 Rn 1.
[24] BGH v. 25.3.1963 – III ZB 2/63, NJW 1963, 1918.
[25] JurisPK-BGB/Reymann, § 2191 Rn 53.
[26] MüKo/Rudy, § 2179 Rn 7; a.A. jurisPK-BGB/Reymann, § 2191 Rn 64.
[27] MüKo/Rudy, § 2179 Rn 8.
[28] LG Stuttgart v. 14.11.1997 – 27 O 491/97, juris; Nieder/Kössinger, § 10 Rn 155.
[29] Bengel, NJW 1990, 1826, 1828 f.
[30] MüKo/Rudy, § 2179 Rn 6; Bengel, NJW 1990, 1826, 1828; Lange/Kuchinke, § 29 V 1 c; BayObLG v. 22.12.1980 – 2 Z 62/80, Rpfleger 1981, 190–191; a.A. OLG Schleswig v. 28.1.1992 – 3 W 105/91, NJW-RR 1993, 11–12.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge