Gesetzestext
(1)Der Erblasser kann bei der Anordnung einer Auflage, deren Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Person, an welche die Leistung erfolgen soll, dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen.
(2)Steht die Bestimmung dem Beschwerten zu, so kann ihm, wenn er zur Vollziehung der Auflage rechtskräftig verurteilt ist, von dem Kläger eine angemessene Frist zur Vollziehung bestimmt werden; nach dem Ablauf der Frist ist der Kläger berechtigt, die Bestimmung zu treffen, wenn nicht die Vollziehung rechtzeitig erfolgt.
(3)1Steht die Bestimmung einem Dritten zu, so erfolgt sie durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. 2Kann der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so geht das Bestimmungsrecht auf den Beschwerten über. 3Die Vorschrift des § 2151 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung; zu den Beteiligten im Sinne dieser Vorschrift gehören der Beschwerte und diejenigen, welche die Vollziehung der Auflage zu verlangen berechtigt sind.
A. Eigenbestimmung versus Fremdbestimmung
Rz. 1
Nach § 2065 Abs. 2 BGB, der nach § 2192 BGB entsprechend anzuwenden ist, muss der Erblasser zweierlei bestimmen: die Person, die von ihm eine Zuwendung erhalten soll, und den Gegenstand der Zuwendung. Er darf beides nicht der Entscheidung eines anderen überlassen. Aber dieses Verbot der Fremdbestimmung gilt strikt nur bei der Erbfolge. Für das Vermächtnis macht § 2151 BGB eine erste Ausnahme: Der Erblasser kann mehrere mit einem Vermächtnis in der Weise bedenken, dass der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll. Eine zweite Ausnahme macht § 2156 BGB, wonach der Erblasser bei der Anordnung eines Vermächtnisses, dessen Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen des Beschwerten oder eines Dritten überlassen kann. Das gilt über § 2192 BGB auch für die Auflage. Zudem geht § 2193 BGB weiter. Danach kann der Erblasser einen Dritten nicht nur ermächtigen, den Begünstigten aus einem vorgegebenen Personenkreis auszuwählen, sondern es ihm überlassen, den Begünstigten selbst zu bestimmen. Im Ergebnis ist dem Erblasser eine vollständige Fremdbestimmung eröffnet: Er kann sowohl die Bestimmung des Begünstigten wie die Bestimmung der Leistung vollständig aus seiner Hand in die Hand eines anderen geben, der nach freiem Ermessen entscheidet. Das, verbunden mit einer Universalauflage, erlaubt es ihm, Dritte nach dem Erbfall entscheiden zu lassen, wer sein gesamtes Vermögen "erbt" (zur Universalauflage vgl. auch § 2192 Rdn 27).
B. Bestimmung des Zwecks
Rz. 2
Der Erblasser muss den Zweck der Auflage selbst bestimmen. Aber die Praxis ist großzügig, was die Bestimmtheit dieser Bestimmung anbelangt. Sie lässt es genügen, dass der Erblasser den Zweck der Auflage in erkennbaren Umrissen charakterisiert. Als ausreichend wurden angesehen die Anordnung, den Nachlass unter den unbemittelten Verwandten nach deren Bedürftigkeit zu verteilen, oder die Anordnung, ein Grundstück auf eine gemeinnützige Organisation zu übertragen. Die Zweckauflage zur Gründung einer unselbstständigen Stiftung ist selbst dann wirksam, wenn der Erblasser die Bestimmung des Stiftungsträgers dem Testamentsvollstrecker überlässt und keine näheren Angaben zum Inhalt der Satzung macht, weil sie vom Zweck der Auflage abhängig sind. Deshalb würde es für eine steuerorientierte Anordnung genügen, als Zweck die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerrechtlichen Freibeträge anzugeben. Da § 2151 BGB nicht anwendbar ist, genügt es allerdings nicht, dass der Erblasser nur einen Personenkreis benennt, aus dem der Begünstigte ausgesucht werden soll. Eine solche Auflage ist unwirksam, wenn sie sich nicht durch Umdeutung als Zweckauflage aufrechterhalten lässt. Andernfalls gibt es nur einen unverbindlichen Wunsch des Erblassers.
C. Bestimmungsberechtigter
Rz. 3
Bestimmungsberechtigt kann der Beschwerte (Abs. 2) oder ein Dritter (Abs. 3) sein.
D. Umfang des Bestimmungsrechts, Bestimmungspflicht
I. Umfang des Bestimmungsrechts
Rz. 4
Der Bestimmungsberechtigte ist an die Vorgaben des Erblassers gebunden, insbesondere an den Zweck der Auflage. Weitere Grenzen des Bestimmungsrechts ergeben sich aus den §§ 315 ff. BGB, die über §§ 2156 S. 2, 2192 BGB entsprechend anwendbar sind. Nach § 315 Abs. 1 BGB und nach § 317 Abs. 1 BGB hat der Bestimmungsberechtigte im Zweifel nach billigem Ermessen zu entscheiden. Seine Entscheidung kann gerichtlich darauf überprüft werden, ob sie der Billigkeit entspricht (§ 315 Abs. 3 BGB). Der Erblasser kann ihm aber einen größeren Spielraum gewähren und eine Entscheidung nach freiem Ermessen oder freiem Belieben erlauben. Nur von der Orientierung am Zweck der Auflage kann er ihn nicht befreien. Die Entscheidung des Bestimmungsberechtigten, die nach freiem Ermessen ergeht, ist gerichtlich nur darauf überprüfbar, ob sie den vom Erblasser bestimmten Zweck offensichtlich verfehlt oder auf Arglist beruht.