Rz. 34
Bei der Treuhandlösung führt der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft treuhänderisch und im eigenen Namen für die Erben fort. Er wird im Handelsregister eingetragen und tritt nach außen nicht als Testamentsvollstrecker, sondern als Inhaber auf. Dabei sind zwei Formen zu unterscheiden: zum einen die Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand, zum anderen die Vollrechtstreuhand. In der Rspr. wird die Treuhand als Ermächtigungstreuhand begriffen, indem dem Testamentsvollstrecker nur das Recht zur Verfügung über die seiner Verwaltung unterliegenden Geschäftsgegenstände eingeräumt wird, er aber nicht Eigentümer des Geschäftsvermögens wird. Hingegen wird bei der Vollrechtstreuhand der Testamentsvollstrecker Eigentümer des Geschäftsvermögens. Dieses muss erst noch auf ihn übertragen werden, was er aber ggf. durch ein Insichgeschäft durchführen kann.
Rz. 35
Kommt es zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Eigengläubigern des Testamentsvollstreckers in das Geschäftsvermögen, steht den Erben der Weg einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO offen. Trotz seines persönlichen Handelns ist von einer Nachlassverpflichtung auszugehen, wenn er i.R.d. Handelsgeschäfts Gegenstände für den Nachlass erwirbt. Nachdem der Testamentsvollstrecker als Inhaber des Unternehmens im Außenverhältnis gegenüber Dritten unbeschränkt persönlich haftet, hat er hingegen im Innenverhältnis gegenüber den Erben, für deren Rechnung und damit zu deren Vorteil er das Geschäft geführt hat, gem. §§ 670, 2218 BGB einen Anspruch auf Befreiung von der unbeschränkten Haftung, soweit die Eingehung der Verbindlichkeit für die ordnungsgemäße Verwaltung erforderlich war. Die Erben können dabei ihre Haftung gegenüber dem Testamentsvollstrecker auf den Nachlass beschränken. Problematisch ist dann für den Testamentsvollstrecker, dass er für aus dem Nachlass nicht zu deckende Schadensersatzansprüche wiederum persönlich haftet. Demzufolge sollte in der Verfügung von Todes wegen dafür Sorge getragen werden, dass der Testamentsvollstrecker von seiner unbeschränkten Haftung im Innenverhältnis vollständig freigestellt wird, da ansonsten die Übernahme des Amts von ihm kaum erwartet werden kann.
Rz. 36
Die Erben können auch bei der Treuhandlösung in der Verfügung von Todes wegen verpflichtet werden, eine treuhänderische Übertragung auf den Testamentsvollstrecker vorzunehmen. Dies kann entweder durch eine Auflage oder aber Bedingung erfolgen. Ist eine ausdrückliche Anordnung durch den Erblasser nicht vorgenommen worden, kann nicht von einer Vollrechtstreuhand ausgegangen werden, da diese eine ausdrückliche Erblasseranordnung voraussetzt. Eine familiengerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB für die Fortführung des Unternehmens bei minderjährigen Erben ist nach Einführung des Minderjährigenhaftungsbegrenzungsgesetzes nicht mehr notwendig.
Rz. 37
Übersicht: Treuhandlösung
Inhaber des Geschäfts |
Testamentsvollstrecker |
Handelsregistereintragung lautet auf |
Testamentsvollstrecker |
Eigentümer des Betriebsvermögens |
▪ |
Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand: Erben |
▪ |
Vollrechtstreuhand: Testamentsvollstrecker |
|
Haftung für Altschulden aus Handelsgeschäft |
Testamentsvollstrecker und Erben, aber wegen §§ 27, 25 Abs. 2 HGB Haftungsbeschränkung möglich |
Haftung für neue Geschäftsschulden |
▪ |
Testamentsvollstrecker persönlich |
▪ |
Erben können nur bei ordnungsgemäßer Verwaltung gem. § 2206 BGB auf den Nachlass Haftung beschränken |
|
Zwangsvollstreckungsmöglichkeit für Eigengläubiger der Erben |
▪ |
Bei Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand möglich |
▪ |
Bei Vollrechtstreuhand nicht möglich |
|
Zwangsvollstreckungsmöglichkeit für Gläubiger des Testamentsvollstreckers |
▪ |
Bei Verwaltungs- oder Ermächtigungstreuhand nicht möglich |
▪ |
Bei Vollrechtstreuhand möglich, aber Weg für Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO offen |
|
Vorteile |
Günstig bei "unreifen Erben", da diese wegen der vollen Unternehmerstellung des Testamentsvollstreckers ausgeschlossen werden |
Nachteile |
Haftung des Testamentsvollstreckers |