Rz. 9
Von der Verwaltungsbefugnis ist die Verfügungsbefugnis zu unterscheiden. Nach S. 2 Hs. 2 ist der Testamentsvollstrecker insbesondere berechtigt, über die Nachlassgegenstände zu verfügen. Im Grundsatz ist er somit uneingeschränkt verfügungsberechtigt. Die Verfügungsbefugnis kann aber aufgrund S. 3 oder aber durch § 2208 BGB per Erblasserwillen eingeschränkt sein. Befolgt der Testamentsvollstrecker eine Erblasseranordnung nach § 2216 BGB nicht oder überschreitet er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung, wird dadurch die Verfügungsbefugnis nicht beschränkt. Dies gilt dann nicht, wenn der Testamentsvollstrecker missbräuchlich handelt, was für einen Dritten erkennbar war.
Rz. 10
Des Weiteren wird die Verfügungsbefugnis durch das Verbot des Selbstkontrahierens eingeschränkt. Ansonsten ist die Verfügungsmacht ausschließlich und in gegenständlicher Hinsicht unbeschränkt. Die Art der Testamentsvollstreckung spielt für die Verfügungsbefugnis keine Rolle. Sofern der Erblasser nicht angeordnet hat, dass die Verfügungen der Zustimmung der Erben bedürfen, sind sämtliche Verfügungen ohne Erbenzustimmung wirksam. Etwaige den Erben treffende Verfügungsbeschränkungen, so dass familiengerichtliche Genehmigungen notwendig wären, gelten für den Testamentsvollstrecker nicht. Verstößt der Testamentsvollstrecker gegen das Verbot des Selbstkontrahierens oder das Schenkungsverbot, ist dadurch seine Verfügung unwirksam, sie kann jedoch durch Zustimmung der Erben und ggf. Vermächtnisnehmer wirksam werden.
Rz. 11
Unter den Begriff der Verfügung fallen alle einseitigen oder vertraglichen Rechtsgeschäfte, durch die auf ein bestehendes Recht unmittelbar eingewirkt wird oder durch die ein bestehendes Recht unmittelbar übertragen, belastet, aufgehoben oder inhaltlich verändert wird. Hierzu gehören insbesondere die Belastungen von Gegenständen, Annahme von Leistungen, Verzicht, Erlass, Veräußerung, Aufrechnung, Kündigung, Löschungsbewilligung sowie Anfechtung von Willenserklärungen. Keine Verfügungen sind hingegen die Bewilligung der Löschung eines Widerspruchs und die Geltendmachung von Rechten im Rahmen von Verfahren, insbesondere Prozessführung.
Rz. 12
In der Praxis von erheblicher Bedeutung ist die Frage, ob die Kündigung z.B. eines Depots bei einer Bank erst mit dem Nachweis durch Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses wirksam ist, selbst wenn der Testamentsvollstrecker das Amt gem. § 2202 BGB schon angenommen und einen Nachweis über die Amtsannahme vorgelegt hat. Die Kündigung ist bereits bei nachgewiesener Amtsannahme und Anordnung des Amts wirksam. Wegen Nichtanwendbarkeit des § 174 BGB kann die Kündigung nicht sofort zurückgewiesen werden (vgl. dazu § 2197 Rdn 2). Die AGB der Banken führen nicht dazu, dass die Wirksamkeit der Kündigung vom Nachweis durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis abhängig gemacht werden kann. Demzufolge ist nicht auf den Tag der Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses abzustellen. Hierauf hat der Testamentsvollstrecker zu achten. Sofern die Bank gemäß ihrer vereinbarten AGB sich die Niederschriften vorlegen lässt, kann sie mit befreiender Wirkung leisten. Wenn sich herausstellt, dass der Testamentsvollstrecker nicht wirksam das Amt innehat, haftet dieser gegenüber dem Erben aus § 2219 BGB analog als vermeintlicher Testamentsvollstrecker.
Rz. 13
Sofern keine Eintrittsrechte Dritter in den Mietvertrag bestehen, kann nur der Testamentsvollstrecker das Mietverhältnis nach dem Erblasser kündigen. Da der Gesetzgeber die Kündigung durch einen Testamentsvollstrecker nicht ausdrücklich geregelt hat, ist fraglich, wann die Frist für den Testamentsvollstrecker zu laufen beginnt. Die Kenntnis vom Tod des Erblassers kann für den Testamentsvollstrecker nicht ausschlaggebend sein, vielmehr kann nach der hier vertretenen Ansicht die Frist des § 564 BGB zur Kündigung des Mietverhältnisses frühestens mit der Annahme des Amts in Gang gesetzt werden. Will der Vermieter selbst nicht so lange warten, bis der Testamentsvollstrecker das Amt annimmt, kann er beim Nachlassgericht über § 2202 Abs. 3 BGB eine Fristsetzung zur Annahme des Amts erwirken. Für den Testamentsvollstrecker bedeutet dies, dass er zunächst überprüfen muss, ob es fortsetzungswillige und -berechtigte Personen i.S.d. § 563 BGB gibt. Ist von vornherein klar, dass es keine fortsetzungsberechtigten Personen gibt, muss der Testamentsvollstrecker vorsorglich die Erben befragen, ob das Mietverhältnis von diesen fortgesetzt werden soll. Die Kündigung durch den Testamentsvollstrecker ist nicht von der Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig. Sofern es sich um eine Genossenschaftswohnung handelt, sollte auch eine Auskunft hinsichtlich des Geschäftsanteils eingeholt werden.