Gesetzestext
Ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht kann nur von dem Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden.
A. Stellung des Testamentsvollstreckers und des Erben im Prozess
Rz. 1
§ 2212 BGB bezieht sich ausschließlich auf Aktivprozesse, mithin die Geltendmachung von Rechten, die den Nachlass betreffen. Aufgrund des Verwaltungs- und Verfügungsrechts des Testamentsvollstreckers wird ihm das ausschließliche Prozessführungsrecht zugewiesen. Im Einzelnen ist jedoch ausschlaggebend, ob das betreffende konkrete Recht der Testamentsvollstreckung unterliegt. Die Prozessführungsbefugnis folgt somit grundsätzlich nicht dem materiell-rechtlich Bestehenden, sondern der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nach § 2205 BGB. Die Ausnahme bildet hierbei § 265 ZPO, wenn der Anspruch vom Testamentsvollstrecker abgetreten oder veräußert wurde. Gleiches gilt bei der Teilverwaltung nach § 2213 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind nicht befugt, in die Amtsführung des Testamentsvollstreckers einzugreifen. Einzelne Maßnahmen können daher dem Testamentsvollstrecker nicht durch einstweilige Anordnung untersagt werden.
Rz. 2
Der Testamentsvollstrecker ist selbst Prozesspartei und dabei nicht Vertreter der Erben oder des Nachlasses. Er ist wegen § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO Partei kraft Amts. Der Testamentsvollstrecker klagt mithin im eigenen Namen und auf Leistung an sich. Aufgrund dieser Parteistellung kann er lediglich als Partei nach §§ 445 ff. ZPO vernommen werden. Ist der Erbe nicht Streitgenosse des Testamentsvollstreckers, dient er im Prozess als Zeuge nach §§ 373 ff. ZPO. Wird das Recht des Testamentsvollstreckers bestritten, kann der Erbe in dem Prozess als Nebenintervenient nach §§ 66, 69 ZPO oder Hauptintervenient nach § 64 ZPO (Streitbeitritt aus eigenem Antrieb) auftreten. Dem Erben kann auch nach Maßgabe der §§ 72 ff. ZPO der Streit verkündet werden. Dies bietet sich insbesondere in den Fällen an, in denen der Testamentsvollstrecker sich einem Haftungsregress nach § 2219 BGB ausgesetzt sieht.
Rz. 3
Hat der Erblasser ein gemeinschaftliches Verfügungsrecht angeordnet, so steht das Prozessführungsrecht den Erben und dem Testamentsvollstrecker gemeinschaftlich zu. Dann sind beide notwendige Streitgenossen i.S.d. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO. Gleiches gilt nach § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO, wenn mehrere Personen zum Testamentsvollstrecker berufen sind, sofern sie gem. § 2224 Abs. 1 BGB gemeinsam zur Vollstreckung berufen sind. Ist ein Mitvollstrecker gem. § 2224 Abs. 1 S. 3 BGB zur alleinigen Verwaltung des betroffenen Rechts berufen, kann er allein klagen. Die alleinige Klagebefugnis ist im Übrigen bei Mitvollstreckern nach § 2224 Abs. 2 BGB immer dann gegeben, wenn die Prozessführung zur Erhaltung eines Nachlassgegenstands erforderlich ist. Nach h.M. haben die Gesamtvollstrecker als notwendige Streitgenossen nach § 62 ZPO eine gemeinsame Klage einzureichen. Dies gilt gleichermaßen für Gestaltungs-, Feststellungs- und Leistungsklagen und geschieht durch die gemeinsame Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten. Fehlt das Prozessführungsrecht, so ist die Klage wegen einer fehlenden Prozessvoraussetzung als unzulässig abzuweisen. Ein unter Verkennung der Prozessführungsbefugnis der Erben erstrittenes Urteil wirkt nicht gegen den Testamentsvollstrecker.
B. Tatbestand
I. Umfang des Prozessführungsrechts
Rz. 4
Der Umfang des Prozessführungsrechts des Testamentsvollstreckers hängt vom Umfang seines Verwaltungsrechts ab. Zunächst ist daher zu prüfen, ob der Erblasser nach § 2208 BGB das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers eingeschränkt hat. Anderenfalls ist der Testamentsvollstrecker grundsätzlich zu jeder Art der gerichtlichen Geltendmachung des seiner Verwaltung unterliegenden Nachlasses berechtigt.
Dies sind z.B.:
▪ |
Erwirkung eines Mahn- oder Vollstreckungsbescheides |
▪ |
Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung |
▪ |
Leistungsklagen |
▪ |
Feststellungsklagen (sofern nicht Feststellung des Erbrechts nach dem Erblasser; eine negative Feststellungsklage ist ein Passivprozess!) |
▪ |
Durchführung der Zwangsvollstreckung |
▪ |
Klagen i.R.d. Zwangsvollstreckung wie Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO |
▪ |
Antrag auf Teilungsversteigerung nach § 175 ZVG |
▪ |
Aufgebot der Nachlassgläubiger gem. § 991 Abs. 2 ZPO |
▪ |
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 317 InsO |
▪ |
Forderungen des Erblassers gegen den oder die Erben |
▪ |
Verfahren in Grundbuchsachen |
▪ |
Klagen gegen Erbschaftsbesitzer nach §§ 2018, 2027, 2028, 2029 BGB |
▪ |
Patentnichtigkeitsklage |
Ein Testamentsvollstrecker kann aber weder im Wege der gewillkürten noch der gesetzlichen Prozessstandschaft vorgehen, wenn für das von ihm verfolgte, im Grundbuch eingetragene subjektivpersönliche Vorkaufsrecht eine Übertragbarkeit o.Ä. aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist. Die Verwaltung des Nachlasses erstreckt sich hingegen nicht auf Recht...