Rz. 11
Nach Abs. 1 S. 3 können Pflichtteilsansprüche nur gegen die Erben geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des ganzen Nachlasses zusteht. In diesen Bereich gehören sämtliche Klagen hinsichtlich einer etwaigen Pflichtteilszahlung z.B.:
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Klage auf Auskunft hinsichtlich des Nachlasses gem. § 2314 BGB; |
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Klage auf Wertermittlung gem. § 2314 BGB; |
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Klage auf Zahlung des Pflichtteilsanspruchs; |
Ob die Erfüllung von Pflichtteilsvermächtnissen unter diese Norm fällt, ist streitig, aber abzulehnen.
Rz. 12
Der gegen den Erben wegen des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu führende Rechtsstreit ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Ein infolge der Öffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochener Prozess gegen den Erben ist gegen den Insolvenzverwalter aufzunehmen. Die Verurteilung des Insolvenzverwalters zur Zahlung wegen eines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Schuldner ist auf den vom Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlass zu beschränken. Bei Testamentsvollstreckung kann der Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Schuldner in voller Höhe zur Tabelle angemeldet und durch Urteil festgestellt werden. Im Falle der Nachlassinsolvenz kann der Testamentsvollstrecker aufgrund des Prozessführungsrechts für Passivprozesse neben den Erben eine Forderung im Prüfungstermin nach § 178 Abs. 1 InsO bestreiten. Nur das Bestreiten des Testamentsvollstreckers verhindert die Zwangsvollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle gem. § 201 Abs. 1 InsO. Zu dieser Vorgehensweise ist ein Testamentsvollstrecker bereits im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung verpflichtet.
Rz. 13
Der Testamentsvollstrecker braucht somit nicht dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft zu erteilen und kann gegen den Willen der Erben eine Pflichtteilsforderung nicht mit Wirkung gegen die Erben rechtsgeschäftlich anerkennen. Im Einzelnen ist aber umstritten, wann und ob ein vom Testamentsvollstrecker abgegebenes Anerkenntnis wirksam ist. Außergerichtlich ist ein Anerkenntnis unwirksam. Es ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die §§ 164 ff. BGB entsprechend anwendbar sind. Sofern allerdings ein Testamentsvollstrecker im Prozess ein Anerkenntnis abgibt, soll dieses Anerkenntnis wirksam sein. Dem ist nicht zu folgen, da eine Bindungswirkung noch nicht einmal bei notwendigen Streitgenossen erfolgt. Hier sind lediglich die Grundsätze der Duldungsvollmacht zu beachten. Ist ein zu hoher Pflichtteil anerkannt worden, haftet der Testamentsvollstrecker nach Maßgabe des § 2219 BGB.
Rz. 14
Aber auch Anerkenntnisse des Erben können u.U. den Testamentsvollstrecker nicht binden. Wenn z.B. ein Erbe einen zu hohen Pflichtteil gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten anerkennt, ist hieran der Testamentsvollstrecker selbst nicht gebunden. Der Erbe benötigt also weiterhin einen Duldungstitel gem. § 748 Abs. 3 ZPO gegen den Testamentsvollstrecker. Wollen die Erben, dass der Testamentsvollstrecker eine Summe an den Pflichtteilsberechtigten ausbezahlt, sollte der Testamentsvollstrecker überprüfen, ob nicht vorrangige Ansprüche (vgl. dazu auch § 327 InsO) zunächst zu erfüllen sind. Ferner sollte wegen des Kürzungsrechts aus § 2318 BGB ein Pflichtteil vor Erfüllung von Auflagen und Vermächtnissen berechnet werden. Ein Vermächtniskürzungsrecht des Erben kann auch durch den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden.
Rz. 15
Wenn die Erben hingegen der Ansicht sind, der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten sei zu hoch, und erkennen nur einen zu niedrigen Wert an, stellt sich für den Testamentsvollstrecker die Frage, ob er dennoch den höheren Anspruch anerkennt und ausbezahlt. Ein Anerkenntnis würde die Erben nicht binden. Da Schadensersatzansprüche aus § 2219 BGB nur der Erbe und der Vermächtnisnehmer, nicht aber der Pflichtteilsberechtigte gegen den Testamentsvollstrecker geltend machen können, ist es ratsam, wenn er sich vom Erben den Wunsch nach Auszahlung bestätigen lässt. Nach erfolgter Zustimmung hat der Erbe keinen Schadensersatzanspruch.
Rz. 16
Er ist daher zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen nur berechtigt, wenn es sich um unstr. Forderungen handelt. Dabei ist er zur Erfüllung einer unstr. Pflichtteilsforderung aber den Erben gegenüber nicht verpflichtet, es sei denn, dass die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung dies gebieten und anderenfalls eine Haftung nach § 2219 BGB droht. Eine Forderung ist nur dann unstr., wenn über Bestehen, Höhe, Fälligkeit oder sonstige Punkte zwischen Gläubiger und Schuldner keine ernsthaften Meinungsverschiedenheiten bestehen. Problematisch bleibt es, wenn die Erben selbst uneinig wegen der richtigen Summe für den Pflichtteilsberechtigten sind. Dann muss der Testamentsvollstrecker eine Entscheidung selbst verantworten und trägt aber nicht das Risiko aus § 2219 BGB, da die Pflichttei...